Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfe zum Lebensunterhalt. Anrechnung einer britischen Kriegsopferrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die britische Kriegsopferrente wird zwar als ausländische Leistung nicht unmittelbar von der Privilegierung des § 82 Abs 1 SGB XII erfasst, kann und muss aus Gründen der Gleichbehandlung aber der vorgenannten Regelung gleichgestellt werden, wenn sie nach Grund und Höhe einer anrechnungsfreien Grundrente vergleichbar ist. Das gleiche gilt für die Vorgängervorschrift nach § 76 BSHG. Erforderlich ist für eine solche Gleichstellung eine rechtsvergleichende Betrachtung von Funktion und Struktur der beiden Leistungsarten.

2. Die Privilegierung der britischen Kriegsopferrente kann aber nicht weiter reichen als dies bei grundrentenähnlichen inländischen Leistungen der Fall wäre.

 

Normenkette

BSHG § 76 Abs. 1; SGB XII § 82 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Versagung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wegen teilweiser Anrechnung einer britischen Kriegsopferrente des Klägers (Dienststelle der sozialen Sicherheit - war pensions agency - in England) über einen Zeitraum vom 7. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004 streitig.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Tatbestand wird auf den Inhalt des weiteren Beschlusses über Prozesskostenhilfe vom 8. Juli 2008 sowie des Beschlusses vom 25. August 2008 wegen Gegenvorstellung verwiesen (§ 136 Abs. 2 SGG).

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12.Oktober 2006 und unter Abänderung des Bescheids vom 21. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2005 zu verurteilen, ihm Hilfe zum Lebensunterhalt ohne jedwede Anrechnung der Leistung der war pensions zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Der Senat kann gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 22.08.2008 unter der Kundgabe des voraussichtlichen Verfahrensergebnisses gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG) und haben keine Einwände erhoben.

Gegenstand des Verfahrens ist die Versagung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt, insbesondere deswegen weil die Beklagte zwar einen Betrag in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz im Umfang von 30 v.H. nicht als Einkommen bewertet, jedoch den darüber hinausgehenden Betrag von 320,57 Euro. Dies führt angesichts des übrigen Einkommens des Klägers zu einer vollständigen Versagung der Leistung.

Der Kläger, der allein seinen individuellen Bedarf geltend macht, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Seinem zutreffend von der Beklagten ermittelten Bedarf (insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil erster Instanz sowie der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verwiesen, §§ 153 Abs. 2,1 136 Abs. 3 SGG) steht u.a. ein anzurechnendes Einkommen in Höhe des Gesamtbetrages der britischen Kriegsopferrente abzüglich 113,00 Euro gegenüber, das Leistungen ausschließt. Damit ist der Kläger nicht bedürftig.

Gemäß § 76 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG mit Geltung bis zum 31.12. 2004) gehören zum Einkommen im Sinne dieses Gesetzes alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Gesetz, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit gewährt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Unter die dort aufgeführten Ausnahmen fällt die Leistung, die der Kläger von der Dienststelle der sozialen Sicherheit in England (war pensions) erhält, nicht.

Erst die mit dem BSHG korrespondierende Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005) knüpft an die Vorgängervorschrift des § 76 BSHG an und sieht im Unterschied für Grundrenten, die nach Gesetzen gezahlt werden, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen - beispielsweise das Opferentschädigungsgesetz oder das Infektionsschutzgesetz -, eine Verschonung vor. In der zeitlichen Abfolge wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine bis dahin unterschiedliche Anrechnungsregelung im Bereich der Sozialhilfe vereinheitlichen wollte. Mit der Neuregelung wird klargestellt, dass nicht nur Grundrenten nach dem BVG vom berücksichtigungsfähigen Einkommen ausgenommen sind, sondern ebenfalls alle der Grundrente nach Grund und Höhe vergleichbaren Leistungen (BT-Drucks 15/1514 S 65).

Die britische Kriegsopfer...

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