Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Berufung erstinstanzlich verbundener Verfahren. Anrechnung von Einkommen aus Zinseinkünften
Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Berufung erstinstanzlich verbundener Verfahren
Zur Anrechnung von Zinseinkünften auf Leistungen nach dem SGB II
Orientierungssatz
1. Soweit mit einer Berufung mehrere selbstständige Ansprüche geltend gemacht werden, sind die geltend gemachten Ansprüche zur Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes entsprechend § 202 SGG iVm § 5 ZPO zusammenzurechnen (vgl. BSG, 25. Februar 1966, 3 RK 9/63, BSG, 5. Februar 1998, B 11 AL 19/97 R); dies soll auch gelten, wenn das SG mehrere Klagen verbunden und über diese anschließend mit einem Urteil entschieden hat (vgl. BSG, 8. Oktober 1981, 7 RAr 72/80). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist grundsätzlich die Einlegung der Berufung (vgl. BSG, 13. Juni 2013, B 13 R 437/12 B).
2. Als Einkommen sind zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II), wobei u.a. absetzbar sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II). Als Einkommen in diesem Sinne sind Zinseinkünfte zu berücksichtigen, die dem Leistungsberechtigten im Zusammenhang mit einer Nachzahlung der BA zugeflossen sind.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.07.2014 wird in Bezug auf das vormalige Verfahren S 13 AS 99/13 (Ziffer I des Tatbestandes und Entscheidungsgründe) zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der Anrechnung von Einkommen aus Zinseinkünften.
Die Klägerin bezog seit Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt auf der Grundlage des Bescheides vom 07.04.2011 für den Zeitraum 01.05.2011 bis 31.10.2011 in Höhe von 513,09 € monatlich (Regelbedarf: 364,00 €; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 149,09 €).
Im Zusammenhang mit dem Weiterbewilligungsantrag zum 01.11.2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die Bundesagentur für Arbeit (BA) habe ihr im Oktober 2011 (Bescheid vom 10.10.2011) einen Zinsbetrag in Höhe von 217,40 € ausgezahlt. Hierauf bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 17.10.2011 idF des Bescheides vom 04.11.2011 für November 2011 Alg II in Höhe von 325,69 € (Regelbedarf: 176,60 €; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 149,09 €) unter Berücksichtigung eines anrechenbaren Einkommens von 187,40 € (217,40 € Zinseinkünfte abzüglich eines Freibetrages von 30,00 €) sowie nachfolgend bis 30.04.2012 in Höhe von 513,09 € monatlich (Regelbedarf: 364,00 €; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 149,09 €). Mit dem bereits gegen den Bescheid vom 17.10.2011 (streitig war dort auch die Berücksichtigung einer Nebenkostenerstattung) eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es seien höhere Werbungskosten zu berücksichtigen, da sie eine freiberufliche Nebentätigkeit ausübe. Zudem sei sie auch als Arbeitnehmerin anzusehen, weil sie noch immer ihre Ansprüche auf Arbeitsentgelt gerichtlich verfolge. Es sei daher ein Grundfreibetrag von 100,00 € maßgeblich. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2011 zurück. Streitig sei allein noch der Bescheid vom 04.11.2011, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens in Bezug auf den Bescheid vom 17.10.2011 sei und sich allein auf die Anrechnung der Zinseinkünfte beziehe. Soweit ursprünglich mit dem Bewilligungsbescheid vom 17.10.2011 auch eine Anrechnung erstatteter Heiz- und Nebenkosten erfolgt sei, habe sich dies durch die Zurücknahme der entsprechenden Regelung erledigt. Nach Angaben der Klägerin sei nach dem Bescheid der BA vom 10.10.2011 die Auszahlung des Zinsbetrages am 14.10.2011 zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Leistungen für Oktober 2011 bereits ausgezahlt waren. Damit seien diese einmaligen Einkünfte im November 2011 in voller Höhe anzurechnen, da sie nicht zum vollständigen Wegfall der Leistungen führten. Der Grundfreibetrag von 100,00 € könne nicht berücksichtigt werden, denn dieser sei auch bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit lediglich von den Erwerbseinkünften abzusetzen, nicht jedoch von den sonstigen Einkünften, zu denen die Zinseinkünfte zählten.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 13 AS 99/13) und geltend gemacht, abzugsfähige Werbungskosten seien entgegen der Auffassung des Beklagten auch Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche auf Arbeitsentgelt entstünden. Zudem habe sie aufgrund ihrer selbständigen Nebentätigkeit Anspruch auf die Berücksichtigung ein...