Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende: Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt. Erledigung durch Zeitablauf

 

Leitsatz (amtlich)

Der einstweilige Rechtsschutz dient nicht dazu, abstrakte Rechtsfragen zu klären. Wenn eine Maßnahme (hier Bewerbungstraining) Gegenstand des Eingliederungsverwaltungsaktes ist, der Maßnahmezeitraum aber während des Eilverfahrens schon endet, hat sich die Verpflichtung zur Teilnahme an dieser Maßnahme durch Zeitablauf erledigt. Einen "Fortsetzungsfeststellungsantrag" analog § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG gibt es im Eilverfahren nicht.

Wenn infolge der Nichtteilnahme an der Maßnahme eine Sanktion verhängt werden sollte, ist ein gesondertes Eilverfahren möglich.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. September 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt (Eingliederungsverwaltungsakt) anzuordnen ist.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer kam im Jahr 2002 nach Deutschland. Er bezieht seit 01.01.2005 zusammen mit seiner Familie, seiner Ehefrau und zwei Kindern, geboren 1990 und 2001, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen und diversen Gerichtsverfahren über die Eingliederung des Antragstellers in Arbeit. Der Antragsteller begehrt aufgrund seiner vorhandenen Vorbildung eine Aus- oder Weiterbildung in einem elektro- oder informationstechnischen Beruf. In diesem Zusammenhang beruft er sich auf eine mündliche Verhandlung am Sozialgericht im September 2011. Dort sei vereinbart worden, eine mögliche Weiterbildung zu prüfen. In der Folge wurde im November 2011 eine Eignungsfeststellung durchgeführt, deren Ergebnisse nach Auffassung des Antragstellers seine Eignung für die gewünschte Weiterbildung untermauern. Am 12.12.2011 wurde dem Antragsteller eine Ausbildung zum Fachlageristen angeboten, später eine Ausbildung zum Teilezurichter (Regelausbildung zwei Jahre).

Es erfolgten mehrere Sanktionen, zuletzt mit Bescheid vom 15.05.2012 ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengelds II des Antragstellers für die Monate Juni, Juli und August 2012 (vgl. BayLSG, Beschluss vom 28.08.2012, L 7 AS 527/12 B ER).

Weil der Antragsteller im Vorfeld deutlich machte, eine Eingliederungsvereinbarung nicht unterzeichnen zu wollen, die nicht seinen Erwartungen an die Weiterbildung entspreche, erließ der Antragsgegner mit Bescheid vom 26.06.2012 (Seite 3053 Verwaltungsakte) gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II einen Eingliederungsverwaltungsakt. Darin wurde der Antragsteller unter anderem verpflichtet, ab 09.07.2012 bis 31.08.2012 an einer Maßnahme zur Vermittlungsunterstützung teilzunehmen. Der Inhalt der Maßnahme wurde dabei im Einzelnen dargestellt. Ferner wurde der Antragsteller verpflichtet, monatlich vier Eigenbewerbungen für sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten im Helferbereich nachzuweisen. Der Verwaltungsakt enthält auch eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach bei einem Pflichtverstoß ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengeldes II für drei Monate erfolge. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2012 zurückgewiesen. Dagegen wurde rechtzeitig Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Am 13.08.2012 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München - parallel zur vorgenannten Klage - einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Dabei berief er sich auf das Ergebnis der Eignungsfeststellung.

Mit Bescheid vom 16.08.2012 erfolgte eine Sanktion, mit der das Arbeitslosengeld II des Antragstellers für die Monate September, Oktober und November 2012 gestrichen wurde. Hiergegen ist eine Klage und ein Eilverfahren (unter L 7 AS 725/12 B ER) anhängig.

Mit Beschluss vom 05.09.2012 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Der Eingliederungsverwaltungsakt sei gemäß § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar. Es sei daher ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.

An der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts bestünden keine ernstlichen Zweifel. Der Bescheid entspreche den Vorgaben des § 15 Abs. 1 SGB II. Er enthalte auch keine unzumutbaren Anforderungen. Der Antragsteller werde zur Teilnahme an einer konkret beschriebenen Maßnahme zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen am allgemeinen Arbeitsmarkt verpflichtet. Daneben werde er verpflichtet, monatlich mindestens vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Helferbereich nachzuweisen. Dabei würden die angemessenen nachgewiesenen Werbungskosten übernommen werden. Da der Antragsteller seit 2005 keine existenzsichernde Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt mehr ausübe, spreche...

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