Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung von Verfahrensbeteiligten. Entschädigungsanspruch bei Erscheinen trotz Aufhebung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Auswirkungen der Nichtkenntnis von der Aufhebung bei unterbliebener Mitteilung durch den Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Keine Entschädigung für Erscheinen wegen fehlender Information durch den Prozessbevollmächtigten.
Orientierungssatz
Erscheint ein Verfahrensbeteiligter zu einem Verhandlungstermin, obwohl der Termin zwischenzeitlich aufgehoben wurde, kann er nur dann ausnahmsweise eine Entschädigung für die Terminteilnahme verlangen, wenn ihn die Abladung nicht mehr rechtzeitig erreichte und er dies nicht zu vertreten hat. Dabei muss sich der Beteiligte auch ein etwaiges Versäumnis seines Prozessbevollmächtigten, der eine Information über die Aufhebung des Termins nicht weitergeleitet hat, zurechnen lassen, so dass auch in diesem Fall eine Entschädigung nicht erfolgt.
Tenor
Dem Antragsteller steht im Zusammenhang mit dem Erscheinen beim Bayer. Landessozialgericht am 26.06.2014 keine Entschädigung zu.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen seines Erscheinens bei Gericht.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) zunächst unter dem Aktenzeichen L 14 R 468/09, dann L 14 R 88/14 geführten Berufungsverfahren des Antragstellers war auf den 26.06.2014 eine mündliche Verhandlung terminiert; das persönliche Erscheinen des Antragstellers war angeordnet.
Mit Telefax vom 24.06.2014, also zwei Tage vor der angesetzten mündlichen Verhandlung, nahm der Bevollmächtigte des Antragstellers die Berufung zurück.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 25.06.2014 wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers und dem Antragsteller selbst mitgeteilt, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.06.2014 aufgehoben und das persönliche Erscheinen nicht erforderlich sei. Wegen des unmittelbar bevorstehenden Sitzungstermins wurde der Bevollmächtigte des Klägers von der Geschäftsstelle des zuständigen Rentensenats zudem noch am 25.06.2014 telefonisch über die Abladung in Kenntnis gesetzt und außerdem gebeten, auch den Kläger, von dem nur die Postanschrift bekannt war, entsprechend zu informieren.
Am 26.06.2014 erschien der Antragsteller im Bayer. LSG.
Am 28.06.2014 beantragte er, ihm zumindest die für die Fahrt zum LSG entstandenen Unkosten (Kosten für die Benutzung von Bahn und S-Bahn) zu erstatten.
Das mit Postzustellungsurkunde an den Antragsteller übermittelte gerichtliche Abladungsschreiben vom 25.06.2014 erreichte diesen am 30.06.2014.
Mit Schreiben vom 25.07.2013 lehnte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG eine Entschädigung ab. Es sei - so die Kostenbeamtin - nicht vom Gericht zu vertreten, dass der Antragsteller bei Gericht erschienen sei; sein Bevollmächtigter sei rechtzeitig informiert und dabei gebeten worden, auch den Antragsteller entsprechend in Kenntnis zu setzen.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 11.08.2014 gewandt. Er habe - so der Antragsteller - erst am 30.06.2014 von der Abladung erfahren; von seinem Prozessbevollmächtigten habe er seit 2012 nichts mehr gehört. Er halte die Ablehnung der Kostenerstattung daher für unberechtigt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 12.11.2014 ist dem Antragsteller die Aussichtslosigkeit seines Begehrens einer Entschädigung erläutert worden. Eine Reaktion ist darauf nicht erfolgt.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 11.08.2014 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass er die Ablehnung der Entschädigung durch die Kostenbeamtin als unberechtigt beanstandet.
Dem Antragsteller steht eine Entschädigung für das Erscheinen beim LSG am 26.06.2014 nicht zu.
Beteiligte eines gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahrens im Sinn des § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind gemäß § 191 SGG wie Zeugen zu entschädigen, wenn ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden ist und sie bei dem gerichtlichen Termin erschienen sind. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG.
Zwar enthält das JVEG mit Ausnahme der Ausschlussfrist des § 2 Abs. 1 JVEG und der Regelung des § 8 a JVEG keine ausdrückliche Regelung zum Ausschluss von Ansprüchen. Gleichwohl besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass ein Entschädigungs- oder Vergütungsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen sein kann, wenn der Berechtigte schuldhaft den Erfolg der grundsätzlich eine Entschädigung oder Vergütung auslösenden Maßnahme vereitelt hat (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 1, Rdnr. 34 - m.w.N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 191, Rdnr. 2; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 15.12.1975, Az.: X ZR 52/73; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 15.11.1999, Az.: L 4 B 168/99 SF; Beschlüsse des Senats vom 15.05.2009, Az.: L 15 SF 2...