Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandskraft und einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes ist es, eine vorläufige (Zwischen-)Regelung zu schaffen, bis in der Hauptsache bindend entschieden wird. Wenn der Verwaltungsakt bindend wird, der eine begehrte Leistung ablehnt, kann eine einstweiligen Anordnung nicht mehr erfolgen. Ein erstinstanzliches Eilverfahren ist dann nicht mehr statthaft und damit unzulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 26d).
Wenn die Bestandskraft des ablehnenden Bescheids offensichtlich ist, kann eine Beschwerde gegen einen derartigen ablehnenden Beschluss unzulässig sein, weil das Rechtsschutzziel auch im Beschwerdeverfahren von vornherein nicht mehr erreicht werden kann. Wenn die Bestandskraft dagegen nicht offensichtlich ist,
ist ein Rechtsschutzinteresse für die Beschwerde zu bejahen. Die Beschwerde ist dann zulässig, aber bei einer bindenden Hauptsacheentscheidung unbegründet, weil das Sozialgericht den Eilantrag zu Recht abgelehnt hat.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 25. August 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antrags- und Beschwerdegegner der Antragstellerin vorläufig ein Darlehen für die Kaution der neuen Wohnung in Höhe von 860,- Euro zu gewähren hat.
Die Antragstellerin wohnte bislang mit ihrem Lebenspartner und ihrem im Jahr 2009 geborenen Kind in einem Zimmer im Haushalt der Eltern des Partners. Im November 2011 erwartet die Antragstellerin ihr zweites Kind. Am 27.05.2011 unterzeichnete die Antragstellerin einen Mietvertrag für eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 93 qm. Nach dem Mietvertrag beträgt die Kaltmiete 430,- Euro zuzüglich 170,- an Betriebskosten (davon 90,- Euro Heizkosten). Als Mietkaution sind 860,- Euro zu entrichten.
Mit Schreiben vom 30.05.2011 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass eine Übernahme der Kaution als Darlehen nicht erfolgen könne, da die Miete unangemessen hoch sei. Der zugehörige Antrag ist in der Verwaltungsakte nicht zu finden.
Mit Bescheid vom 08.06.2011 verfügte der Antragsgegner, dass der Antrag auf Übernahme der Mietkaution abgelehnt werde. Eine vorherige Zusicherung sei nicht möglich, weil die Kosten der Unterkunft unangemessen seien. Der Bescheid ist mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen und wurde am 09.06.2011 als einfacher Brief an die Mutter der Antragstellerin als deren Vertreterin gesandt.
Am 15.07.2011 erhob die Mutter der Antragstellerin Widerspruch gegen die Ablehnung der Mietkaution. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 wurde der Widerspruch als unzulässig, weil zu spät erhoben, verworfen.
Am 15.07.2011 stellte die Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Am 04.08.2011 stellte sie auch beim Sozialgericht Landshut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen der Mietkaution.
Mit Beschluss vom 25.08.2011 lehnte das Sozialgericht Landshut den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Gewährung der Mietkaution ab. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei bereits unzulässig.
Mangels eines rechtzeitigen Widerspruchs sei der ablehnende Bescheid zur Mietkaution vom 08.06.2011 gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Sache bindend geworden. Der Bescheid sei am 09.06.2011 zur Post gegeben worden und gelte gemäß § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem dritten Tag, hier also dem 12.06.2011, als bekannt gegeben. Die Widerspruchsfrist von einem Monat ende folglich am 12.07.2011. Der am 15.07.2011 beim Antragsgegner eingegangene Widerspruch sei verfristet. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder erkennbar noch vorgetragen. Im Übrigen fehle es auch an einem Anordnungsanspruch, weil eine Wohnung mit einer Kaltmiete von 430,- Euro weit über dem liege, was im Landkreis als angemessene Kosten der Unterkunft für drei oder vier Personen gelte.
Am 14.09.2011 hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts erhoben. Die Mietkaution könne aus dem laufenden Einkommen nicht bezahlt werden. Auch sie selbst könne ihre Tochter nicht unterstützen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2011 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die Kaution für die neue Wohnung in Höhe von 860,- Euro zumindest als Darlehen zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 25.08.2011 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 SGG). Sie ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat die Mietkaution zu Recht nicht zugesprochen.
Der Bescheid zur Ablehnung der Mietkaution ist gemäß § 77 SGG in der Sache bindend geworden. Gegen den Bescheid vom 08.06.201...