Entscheidungsstichwort (Thema)

Stationäre Krankenhausbehandlung. Magenband. Übergewicht. Gewichtsreduktion. Konservative Behandlungsmöglichkeiten. Multimodales Konzept. Krankenversicherung. Kostenübernahme. Magenbypass-Operation. Ausschöpfung der konservativen Methoden

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Gewichtsreduktion durch Magenbypass-Operation hat die Gesetzliche Krankenversicherung erst nach Ausschöpfung der konservativen Methoden , insbesondere eines mehrmonatigen ärztlich begleiteten multimodalen Abnahmekonzepts zu erbringen.

 

Normenkette

SGB V § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 39 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. August 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung einer Magenbypassoperation zur Gewichtsreduzierung.

1.

Die 1961 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin leidet an Übergewicht mit Folgeerkrankungen. Deshalb stellte die Chirurgische Klinik B. für die Klägerin am 09.07.2007 bei der Beklagten den Antrag, eine laparoskopische Magenbypassoperation zur Gewichtsreduktion bei krankhafter Adipositas zu genehmigen. Die Klägerin wiege 111 kg bei 166 cm Körpergewicht und habe somit einen Bodymass-Index (BMI) von 40 kg/m². Es bestünden bereits Folgeerkrankungen in Gestalt einer arterielle Hypertonie sowie eines Diabetes mellitus Typ II. Die begehrte operative Behandlung sei daher das Mittel der Wahl zur Behandlung des krankhaften Übergewichts, eine Nachbehandlung sei sichergestellt. Ergänzend war eine die Operation befürwortende Stellungnahme der Dipl.-Psych. W. vom 24.06.2007 beigelegt, wonach die Klägerin für den geplanten Eingriff geeignet sei. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des MDK vom 14.08.2007 ein. Dieser verneinte die Erforderlichkeit der geplanten Operation, weil die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Die Klägerin habe bisher kein sechs- bis zwölfmonatiges durchgehendes Behandlungskonzept der Gewichtsabnahme durchlaufen. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.2007/Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008 die geplante Operation ab, weil der Eingriff nicht "ultima ratio" sei, also alle alternativen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien.

2.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und Kostenübernahme für eine laparoskopische Magenbypassoperation beantragt. Zur Begründung hat die Klägerin die einschlägigen Befund- und Behandlungsberichte ihrer Ärzte, den Entlassungsbericht einer stationären Heilmaßnahme der gesetzlichen Rentenversicherung vom 04. bis 25.06.1997, den Kurbericht einer Mütterkur vom 15.08. bis 12.09.1994, die Teilnahmebescheinigung einer Diabetikerschulung sowie Bestätigungen ihrer sportlichen Aktivitäten in Gestalt des Linedancing vorgelegt.

Das Sozialgericht hat ein nervenärztliches Gutachten des Dr. K. (03.05.2010) eingeholt, welcher die Einholung eines internistischen Gutachtens empfohlen hat.

Auf Antrag der Klägerin hat Prof. Dr. W. ein internistisches Gutachten erstellt (21.02.2011 - mit ergänzender Stellungnahme vom 26.04.2011). Dr. W. hat ausgeführt, die konservativen Therapiemöglichkeiten seien fraglos ausgeschöpft, so dass die chirurgische Therapie als notwendig angesehen werden müsse. Denn die Klägerin habe nicht nur über sechs bis zwölf Monate hinweg Abnehmversuche erfolglos durchgeführt, sondern bereits über Jahre hinweg vergeblich abzunehmen versucht. Zudem hätten weitere konservative Maßnahmen nur sehr geringe Erfolgsaussichten. Der Rückzug auf den fehlenden strukturierten Therapieversuch gehe an der bestmöglichen Therapieoption für die Klägerin vorbei. Demgegenüber hat der MDK in einer Stellungnahme die Voraussetzungen für die chirurgische Therapie verneint, weil nach wie vor eine mindestens sechs- bis zwölfmonatige strukturierte ärztlich geleitete und multimodal ausgerichtete Behandlung entsprechend den einschlägigen Leitlinien nicht durchgeführt sei.

Mit Urteil vom 18.08.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Klägerin die Anforderungen für eine chirurgische Übergewichtsbehandlung erfülle mit Ausnahme des wesentlichen Kriteriums der erfolglos ausgeschöpften konservativen Behandlungsmöglichkeiten.

3.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und betont, dass sie über mehrere Jahre hinweg auch stationär versucht habe, ihr Gewicht zu reduzieren, allerdings ohne Erfolg. Die Anwendung konservativer Therapien sei deshalb aussichtslos, was gerade auch Prof. Dr. W. gutachterlich bestätigt habe. Zudem leide die Klägerin an mehreren Folgeerkrankungen. Von den fachlichen Einschätzungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. dürfe nicht abgewichen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides...

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