Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Bewilligung von Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes

Zur Frage der Beitragstragung privat krankenversicherter Leistungsempfänger der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Nürnberg vom 26.04.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (ASt) begehrt die Übernahme der vollständigen Kosten einer privaten Krankenversicherung im Basistarif.

Der ASt beantragte am 15.11.2009 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragsgegnerin (Ag) bewilligte ihm mit Bescheid vom 26.11.2009 in der Fassung des Bescheides vom 21.12.2009 laufende Leistungen für den Zeitraum 15.11.2009 bis 31.05.2010 einschließlich eines Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 124,32 € und 17,79 € bis 31.12.2009 bzw. in Höhe von 126,05 € und 18,04 € für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.05.2010.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte er geltend, seine private Kranken- und Pflegeversicherung koste im Basistarif mehr als 300,00 €. Die Übernahme allein der für gesetzlich Versicherte vorgesehenen Beträge sei unzureichend und erfülle den gesetzlichen Auftrag der Existenzsicherung einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht. Über die gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 erhobene Klage (S 8 AS 1026/10) hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) bislang nicht entschieden.

Bereits am 14.04.2010 hat der ASt beim SG beantragt, die Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für die Zeit ab dem 15.11.2009 die Kosten einer Krankenvollversicherung in Höhe 303,76 € monatlich bzw. für die Zeit ab dem 01.01.2010 in Höhe von 307,57 € monatlich zu übernehmen. Unter Hinweis auf einen Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 30.06.2009 (L 2 SO 2529/09 ER B) sowie den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) hat er geltend gemacht, die Ag sei verpflichtet, ihm die Kosten für den halben Basistarif seiner privaten Krankenversicherung zu erstatten. Dies ergebe sich, wie auch das LSG Niedersachsen- Bremen ausgeführt habe (Beschluss vom 03.12.2009 - L 15 AS 1048/09 B ER), aus der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, das Existenzminimum sicher zu stellen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 26.04.2010 abgelehnt. Nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) sei die Verpflichtung der Ag auf die Zahlung eines Zuschusses in Höhe von 126,05 € beschränkt, der dem Betrag entspreche, der für Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung aufzuwenden sei. Der Zuschuss für die Pflegeversicherung übersteige die tatsächlichen Aufwendungen. Die Deckungslücke betrage 163,48 € monatlich. Der ASt sei privat versichert und die Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Versicherer sei nach § 206 Abs 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ausgeschlossen. Eine Nichtzahlung von Beiträgen führe zwar zu einem Ruhen der Versicherungsleistungen, gleichwohl sei nach § 193 Abs 6 Satz 6 VVG zumindest die Notversorgungspflicht durch den Versicherer gewährleistet. Soweit der Versicherer dieser Verpflichtung nicht nachkomme, obliege es dem ASt, diese Ansprüche gegen den Versicherer - gegebenenfalls gerichtlich - geltend zu machen. Eine Entscheidung in Bezug auf die Übernahme der Beitragsdifferenz sei daher nicht eilbedürftig und müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Gegen diesen Beschluss hat der ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es sei ihm nicht zuzumuten, sich rechtsuntreu zu verhalten und die Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge zu verweigern. Dies führe zwangsläufig zu kostenpflichtigen Auseinandersetzungen mit der privaten Krankenversicherung und der Anhäufung von Schulden. Spätestens wenn er eine bedarfsdeckende selbständige Tätigkeit oder Erwerbstätigkeit aufnehme, könne der Versicherer wegen der Beitragsrückstände das Ruhen der Leistungen feststellen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), insbesondere wird der für die Statthaftigkeit der Beschwerde maßgebliche Wert von 750.- € überschritten (§ 172 Abs 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Gegenstand des Verfahrens ist die Verpflichtung der Ag zur vollständigen Übernahme der Kosten einer privaten Krankenvollversicherung im Basistarif für den Zeitraum vom 15.11.2009 bis 31.05.2010. Die Deckungslücke in der Krankenversicherung beträgt monatlich 161,65 € (bis 31.12.2009) bzw. 163,48 € (ab 01.01.2010), mithin für den gesamten str...

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