Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. PKH. Erfolgsaussicht der Klage. eingeholtes Gutachten im Verwaltungsverfahren. freie Beweiswürdigung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage kann das Gericht auf ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten zurückgreifen.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 2. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg zum Aktenzeichen S 8 U 139/08 machte der Kläger (jetzt Beschwerdeführer) geltend, er habe sich bei einem Unfall am 19.08.2005 bleibende Gesundheitsstörungen zugezogen. Beim Vorrichten einer Bohrmaschine sei er mit einem Schlüssel abgerutscht. Er habe sofort starke Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und dann an der Wirbelsäule verspürt und sich zur Erstbehandlung in das Krankenhaus B-Stadt begeben. Dort wurde eine muskuläre Zerrung der oberen Brustwirbelsäule diagnostiziert. Der am 24.08.2005 aufgesuchte Chirurg Dr. G. diagnostizierte eine Zerrung der Rückenmuskulatur. Am 30.08.2005 waren die Schmerzen weniger geworden, aber noch nicht ganz abgeklungen (so Dr. G.). Der Neurologe Dr. S. äußerte am 17.10.2005, aufgrund des sensiblen Befundes sei am ehesten von einer Zerrung bzw. Läsion des oberen Abschnitts des Plexus brachialis auszugehen. Am 21.11.2005 gab der Beschwerdeführer an, das Kribbeln im rechten Arm habe zugenommen. Der Neurologe Dr. H. ging am 15.12.2005 von einer Zerrung aus; für eine segmentale oder periphere Nervenirritation fänden sich keine Anhaltspunkte. Dr. G. erklärte am 25.01.2006, ab 26.11.2005 sei der Beschwerdeführer wieder arbeitsfähig gewesen; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 0 %. Der Beschwerdeführer wandte ein, bei ihm bestehe eine unfallbedingte Schulterverletzung, die noch der medizinischen Abklärung bedürfe.

Im Gutachten vom 04.12.2006 führte Dr. S. aus, infolge der unklaren Symptomatik sei ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der Halswirbelsäule nötig. Die Befunde, nämlich unauffällige Nervenleitgeschwindigkeit, deuteten darauf hin, dass kein bleibender Körperschaden zurückgeblieben sei. Das MRT vom 26.01.2007 zeigte einen Bandscheibenvorfall beim Halswirbelkörper (HWK) 5/6 und eine Protrusion bei HWK 3/4.

Im Gutachten vom 21.09.2007 führte der Neurochirurg Dr.S. aus, im Zusammenhang mit dem Unfall könne allenfalls der vom Beschwerdeführer geschilderte Druckschmerz im Bereich der Schulter angesehen werden. Die noch bestehenden Dysästhesien mit begleitenden Zervikobrachialgien stünden möglicherweise mit dem Bandscheibenvorfall in Höhe von HWK 5/6 im Zusammenhang und seien Ausdruck eines langsam fortschreitenden chronisch degenerativen Leidens. Im Übrigen bestehe der Verdacht auf Aggravation.

Mit Bescheid vom 09.01.2008 erkannte die Beschwerdegegnerin den Arbeitsunfall vom 19.08.2005 an mit der Folge einer ausgeheilten Zerrung der Rückenmuskulatur. Über den 15.12.2005 hinaus bestehe kein Anspruch auf Leistungen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2008 zurück. Die Begründung stützte sich auf das Gutachten von Dr. S..

Im hiergegen gerichteten Klageverfahren machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Rückenmuskulatur als Unfallfolge geltend. Nach wie vor verspüre er Schmerzen im Bereich hinter dem rechten Schulterblatt. Von einer Ausheilung könne nicht gesprochen werden. Unfallbedingte MdE von mindestens 20 v.H. bestehe. Ein Sachverständigengutachten müsse eingeholt werden.

Mit Schreiben vom 05.05.2008 beantragte der Beschwerdeführer, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt B. beizuordnen. Die bisher durchgeführten Untersuchungen seien nicht ordnungsgemäß verlaufen. Der erstbehandelnde Arzt habe wesentliche Unfallfolgen übersehen.

Mit Beschluss vom 02.07.2009 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Der Arbeitsunfall habe nur zu einer Schulterprellung geführt, aber nicht zu weiteren Beschwerden; eine MdE um 20 v.H. komme nicht in Betracht. Dies ergebe sich aus den Untersuchungen des Dr. S. und des Dr. S.. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Schmerzen, die vom rechten Arm bis in die Schulter reichten, stünden nicht im ursächlichen Zusammenhang zum Unfall. Selbst wenn man den Schulterschmerz als Unfallfolge ansehen wollte, ergäbe sich keine rentenberechtigende MdE. Auf die Prüfung der Bedürftigkeit könne bei dieser Sachlage verzichtet werden.

Gegen den am 10.07.2009 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer am 23.07.2009 Beschwerde ein. Das Sozialgericht hätte nicht ohne weiteres Sachverständigengutachten die Anerkennung gesundheitlicher Einschränkungen im Schulterbereich als Unfallfolge ablehnen dürfen. Es sei nicht bloß zu einer Prellung, sondern zu einer Zerrung der Rückenmuskulatur gekommen. Es müssten weitere Arztberichte eingeholt werden. Bis heute seien die unter dem Schulterblatt gelegenen Schmerzen...

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