Entscheidungsstichwort (Thema)

Blindheit. Visus. Gesichtfeldseinschränkung. Gutachten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Voraussetzungen für Blindheit im Sinn des bayerischen Blindengeldgesetzes lassen sich im Zwiefel nur durch ein fachspezifisches Gutachten erstellen. Eine bloß allgemeinärztliche Stellungnahme genügt insoweit nicht.

 

Normenkette

BayBlindG Art. 1 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin des 1945 geborenen und am 11.10.2007 verstorbenen Ehemann A. die Gewährung von Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz.

U. hat am 26.08.2003 die Gewährung von Blindengeld beantragt. Der Beklagte hat medizinische Unterlagen der Neurologischen Klinik Bad A. über den dortigen Aufenthalt von A. vom 22.05. bis 07.07.2003 und vom 10.07. bis 03.09.2003 sowie einen Bericht einer konsiliarischen Untersuchung durch den Augenarzt Dr. S. vom 11.08.2003 beigezogen, der einen Visus rechts von 0,1 wechselnd und einen Visus links von 0,05 wechselnd ausweist. Trotz guter Kooperation sei bei der subjektiven Refraktionsbestimmung keine Visusverbesserung durch Korrekturgläser erreichbar. Das Lesen sei auch mit adäquater Presbyopiekorrektur nicht möglich. Als Ursache der massiven Visusänderung sei der bereits perimetrisch nachgewiesene postchiasmale Sehbahnschaden rechts (komplette homonyme Hemianopsie nach links, auch Maculaareal betroffen) anzunehmen. Der von Beklagtenseite eingeschaltete Augenarzt Dr. S. kommt in seiner Untersuchung zu einem Visus von 0,1 unkorrigiert bzw. 0,2 korrigiert am rechten Auge und von 0,1 unkorrigiert bzw. 0,16 korrigiert am linken Auge und bei beidäugiger Prüfung zu einem Visus von 0,1 unkorrigiert bzw. 0,2 korrigiert. Zugrunde liege ein Zustand nach Apoplexie bzw. Encephalopathie.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 09.10.2003 den Antrag auf Gewährung von Blindengeld abgelehnt. Die Sehschärfe betrage auf dem besseren rechten Auge 0,2 und damit mehr als 1/50. Bei einer Sehschärfe von mehr als einem Zehntel sei Blindheit nur dann anzunehmen, wenn das Gesichtsfeld so eingeengt sei, dass die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5 Grad vom Zentrum entfernt sei, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben würden. Hiergegen wurde mit Schreiben vom 28.10.2003 Widerspruch eingelegt, der mit Schreiben vom 06.11.2003 zurückgezogen wurde.

Mit Schreiben vom 18.12.2003 bzw. mit Formularantrag vom 02.01.2004 hat A. abermals Antrag auf Gewährung von Blindengeld gestellt. Der behandelnde Augenarzt Dr. W. kam bei der Untersuchung am 09.12.2003 zu einem korrigierten Visus auf dem rechten Auge von 0,1 und auf dem linken Auge von 0,1 und bei beidäugiger Prüfung von 0,1 jeweils korrigiert. Eine weitere Untersuchung des Klägers durch die Augenärztin Dr. D. vom 27.04.2004 ergab einen Visus am rechten Auge von 0,25 korrigiert und am linken Auge ebenfalls von 0,25 korrigiert, bei beidäugiger Prüfung von 0,4 korrigiert. Entsprechend dem Untersuchungsergebnis resultiere für die "Sehminderung beidseits mit Gesichtsfeldeinschränkung" ein Einzel-GdB von 50 v.H. Das Gesichtsfeld reiche rechts teilweise bis 70 Grad und links teilweise bis 50 Grad.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 13.05.2004 den Antrag auf Gewährung von Blindengeld abermals abgelehnt. Bei beidäugiger Prüfung der Sehschärfe des Klägers betrage die Sehschärfe 0,4 und damit mehr als 1/50. Diese Sehschärfe werde bei der Beurteilung, ob Blindheit im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes vorliege, nach den geltenden Richtlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft (DOG) als Sehschärfe des besseren Auges angesetzt. Bei einer Sehschärfe von mehr als einem Zehntel sei Blindheit im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes nur dann anzunehmen, wenn das Gesichtsfeld so eingeengt sei, dass die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5 Grad vom Zentrum entfernt sei, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben würden. Das Gesichtsfeld reiche auf dem besseren linken Auge teilweise bis 50 Grad und auf dem rechten Auge teilweise bis 70 Grad hinaus. Hiergegen hat die Ehefrau als Betreuerin von Herrn A. Widerspruch eingelegt und als Begründung zunächst angeführt, dass die Augen des Ehemannes schlechter geworden seien und er zur Zeit auf der Intensivstation des Herzzentrums liege. Mit Schreiben vom 18.08.2004 haben die Neurologen und Psychiater Dres. K., V. ein fachärztliches Attest übersandt. Der Kläger leide an einem kompletten Ausfall des linksseitigen Gesichtsfeldes (komplette homonyme Hemianopsie). Außerdem sei das Maculaareal beidseits aufgrund der Ischämie während der Reanimationen mit Hypoxie schwer geschädigt worden, so dass er hell/dunkel unterscheiden könne, aber nicht die Finger einer Hand abzählen könne. Das Lesen von Buchstaben sei nicht möglich. Bil...

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