Leitsatz (amtlich)

1. Landeserziehungsgeld wird als unmittelbare Anschlussleistung an das Bundeselterngeld gezahlt.

2. Eine freie Wählbarkeit des Bezugszeitraumes für Landeserziehungsgeld ist nicht gegeben.

3. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist im Bereich des Landeserziehungsgeldes nicht anwendbar.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31. März 2011, S 7 EG 40/10, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) streitig.

Die Klägerin ist Mutter des 2008 geborenen L.. Neben L. hat die Klägerin noch 3 weitere Kinder (L., geb. 2002, L., geb. 2003 und L., geb. 2006). Für L. bezog die Klägerin Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für die Lebensmonate 1-12 (Bescheid vom 3.3.08).

Am 29.4.2010 beantragte die Klägerin Landeserziehungsgeld für L.. Die späte Antragstellung erklärte der Ehemann der Klägerin damit, dass er bei einer persönlichen Vorsprache im März/April 2008 bezüglich Elterngeldes die Auskunft bekommen habe, Landeserziehungsgeld werde weiter im 3. Lebensjahr gezahlt. Mit Bescheid vom 4.5.2010 bewilligte der Beklagte Landeserziehungsgeld für den 24. Lebensmonat von L. (14.01.2010 bis 13.02.2010). Ein Anspruch auf Landeserziehungsgeld bestehe längstens bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes. Da rückwirkend Leistungen höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor Antragstellung gewährt werden könnten, bestehe der Anspruch nur für den 24. Lebensmonat. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.06.2010 Widerspruch ein und beantragte insgesamt 12 Monate Landeserziehungsgeld. Es sei ihr nicht bekannt gewesen und es sei auch nicht ersichtlich, dass das Landeserziehungsgeld sofort im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Aus den Unterlagen ergebe sich lediglich, dass es bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes gezahlt werde. Sie habe für ihre ersten 3 Kinder für das 1. Lebensjahr die Budgetregelung in Anspruch genommen, im 2. Lebensjahr keine Bezüge erhalten und für das 3. Jahr die Förderung des Landeserziehungsgeldes erhalten. Bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten habe sie die Auskunft erhalten, durch die Änderung des Elterngeldes träte keine Änderung bezüglich des Landeserziehungsgeldes ein und es gebe nach wie vor für das 3. Lebensjahr einen Anspruch auf Landeserziehungsgeld. Für sie sei auch weder aus dem Antrag selber noch dem Beiblatt ersichtlich, dass Landeserziehungsgeld direkt im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Es hieße nur, dass es nicht parallel zum Elterngeld gewährt werde. Diese Auffassung werde bestätigt durch die Anforderung der Früherkennungsuntersuchung U6 beziehungsweise U7, je nachdem, für welchen Zeitraum Landeserziehungsgeld beantragt werde.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2010 zurück. Landeserziehungsgeld könne für L. (als 4. Kind) im Anschluss an das Elterngeld nur bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gezahlt werden. Von der Verlängerungsoption habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Der mögliche Anspruchszeitraum für das Landeserziehungsgeld erstrecke sich somit vom 14.02.2009 bis 13.02.2010. Landeserziehungsgeld könne rückwirkend nur für die letzten 3 Monate vor Antragseingang geleistet werden (Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG). Da der Antrag der Klägerin erst am 29.04.2010 eingegangen sei, könne auch bei Anwendung der zu beachtenden Rückwirkung Landeserziehungsgeld erst ab dem 14.01.2010 (= 24. Lebensmonat) gezahlt werden. Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG stelle einer Ausschlussfrist dar. Eine von der Klägerin behauptete Falschberatung durch den Beklagten sei nicht erkennbar beziehungsweise nachgewiesen. Außerdem habe der Ehemann der Klägerin anlässlich einer telefonischen Nachfrage bezüglich des Landeserziehungsgeldes am 26.04.2010 erklärt, dass man davon ausgegangen sei, dass Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr gezahlt werde, da bisher immer das Budget bei Bundeserziehungsgeld gewählt wurde und damit ein Jahr Lücke gewesen sei. Eine angebliche Falschberatung habe keine Erwähnung gefunden.

Die hiergegen zum Sozialgericht Augsburg eingelegte Klage war erfolgreich (Urteil vom 31.03.2011). Ob der erst im Klageverfahren (Schriftsatz vom 18.10.2010) erfolgte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch fristgerecht erfolgt sei, könne dahinstehen, da der Klägerin jedenfalls im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Landeserziehungsgeld auch für die Zeit vom 13. bis 23. Lebensmonat von L. zu bewilligen sei. Der Beklagte habe nach Überzeugung der Kammer durch die Gestaltung der ausgegebenen Antragsvordrucke und die Hinweise sowie Erläuterungen in den sonstigen Informationsunterlagen seine Beratungspflicht verletzt. Die Hinweise in dem Infor...

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