Entscheidungsstichwort (Thema)
Handlungsform des Rentenversicherungsträgers bei einer Prüfung nach § 212a SGB 6 gegenüber Bundesländern. Verwaltungsakt. Subordinationsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rentenversicherungsträger kann im Rahmen von Prüfungen gegenüber Bundesländern durch Verwaltungsakt entscheiden.
2. Prüfhilfen können durch Verwaltungsakt eingefordert werden.
3. Der prüfende Rentenversicherungsträger kann gegenüber zu prüfenden Behörden - wie bei allen anderen Arbeitgebern im Rahmen einer Betriebsprüfung - sämtliche prüfrelevanten Unterlagen einsehen.
4. Datenschutz betroffener Dritter steht einer Prüfung nicht entgegen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. September 2017 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 9. September 2014 abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz, wobei der Kläger gemäß § 2 Gerichtskostengesetz von Gerichtskosten befreit ist.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit das im Freistaat Bayern (Kläger) hierfür zuständige Bayerische Landesamt für Finanzen (Landesamt) als Prüfstelle verpflichtet ist, der Beklagten als zuständiger Prüfbehörde für Prüfungen nach § 212a SGB VI Prüfhilfen bereitzustellen und Einsichtnahme in Leistungsunterlagen zu gewähren, soweit davon beihilfeberechtigte Pflegebedürftige betroffen sind, für die vom Kläger keine Beitragszahlung zur Rentenversicherung für Pflegepersonen erfolgt.
Im Rahmen einer Prüfung der Beklagten beim Landesamt für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2013 verweigerte das Landesamt der Beklagten die Einsichtnahme in die Unterlagen von Leistungsfällen von beihilfeberechtigten Pflegebedürftigen, bei denen keine Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichtet worden waren.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 09.09.2014 verpflichtete die Beklagte den Kläger, für die Prüfungen nach § 212a SGB VI ab sofort maschinelle Prüfhilfen zur Verfügung zu stellen sowie Einsichtnahme zu gewähren in die Unterlagen aller Leistungsfälle von beihilfeberechtigten Pflegebedürftigen, einschließlich derer ohne Beitragszahlung zur Rentenversicherung.
Nach § 212a SGB VI hätten die Rentenversicherungsträger die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu prüfen. Hierbei hätten die betroffenen Dienststellen, also auch Beihilfestellen, angemessene Prüfhilfen zu leisten, sofern die Verfahren mit Hilfe von automatisierten IT-Verfahren durchgeführt würden. Das Landesamt als zuständige Prüfstelle erfasse sämtliche Beihilfefälle einschließlich aller Leistungsdaten in einem maschinell geführten System, welches auch die Berechnung und Ablieferung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung durchführe. Die Ablieferung der Beiträge erfolge zentral. Maschinelle Prüfhilfen zur Beitragszahlung hätten der Beklagten für die aktuelle Prüfung nicht zur Verfügung gestanden.
Soweit die Einsichtnahme in die Beihilfeunterlagen von Pflegebedürftigen, bei denen die Prüfstelle keine Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichte, verweigert worden sei, werde das Landesamt aufgefordert, eine Auflistung der Beihilfefälle von Pflegebedürftigen zu erstellen und diese innerhalb von drei Monaten zur Verfügung zu stellen sowie die Einsichtnahme in die entsprechenden Fälle im Rahmen der nächsten oder gegebenenfalls einer gesonderten Prüfung zu gewähren.
Nach § 98 Abs. 3 iVm Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB X sei das Landesamt verpflichtet, über alle Tatsachen Auskunft zu geben, die für die Erhebung der Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen notwendig seien. Die Prüfung nach § 212a SGB VI sei eine hoheitliche Aufgabe, mit der zum einen die Sicherung des Beitragsaufkommens der Solidargemeinschaft aller Rentenversicherten bezweckt werde. Zum anderen werde der rechtzeitigen und vollständigen Beitragszahlung für die nach § 3 SGB VI versicherten Pflegepersonen nachgegangen, um ihnen den Erwerb von Ansprüchen auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen. Mit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes habe der Gesetzgeber unter anderem die Intention verfolgt, dass die nicht erwerbsmäßige Pflege nicht zu Lasten der Alterssicherung der Pflegepersonen gehen dürfe. Die Prüfung nach § 212a SGB VI diene der konsequenten Umsetzung dieser Vorgaben des Gesetzgebers, was sowohl dem Gemeinwohl als auch dem Wohle der Pflegepersonen diene. Insofern stehe Art. 105 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) betreffend die Verwendung von Beihilfeakten einer Prüfung nach § 212a SGB VI nicht entgegen. Art. 105 BayBG verbiete nicht generell die Einsichtnahme in Beihilfeakten, sondern mache sie von dem Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig, die lediglich alternativ erfüllt sein müssten. Eine Vorlage der Beihilfeakten zu Prüfzwecken sei danach zulässig, soweit es zur A...