Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausschluss der Familienversicherung. Überschreiten des zulässigen Gesamteinkommens durch Bezug von Halbwaisenrente aus der Ärzteversorgung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Sind Kinder von der Familienversicherung nach § 10 SGB V ausgeschlossen, wenn die Halbwaisenrente aus der privaten Versicherung (Ärzteversorgung) ein Siebtel der mtl. Bemessungsgrenze nach § 18 SGB IV übersteigt
Orientierungssatz
Es ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar, dass der Bezug einer Waisenrente aus der Ärzteversorgung bei der Berechnung des Gesamteinkommens iSd § 10 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 berücksichtigt wird und bei Überschreiten des maßgebenden Grenzbetrages zum Ausschluss der Familienversicherung führt.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 1. März 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kinder der Klägerin gegenüber der Beklagten Anspruch auf Versicherungsschutz in der Familienversicherung über den 30.04.2010 hinaus haben.
Die drei Kinder der Klägerin R., geb. 1998, R., geb. 2001 und J., geb. 2005, waren bislang über ihren Vater, der am 25.12.2009 verstarb, bei der Beklagten familienversichert.
Mit Schreiben vom 24.03.2010 teilte die Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein der Beklagten mit, dass jedes der drei Kinder einen Versorgungsbezug in Gestalt von Halbwaisenrente in Höhe von jeweils 825,01 € monatlich vom 01.01.2010 bis 31.03.2010 und in Höhe von jeweils 458,34 € monatlich ab 01.04.2010 bis auf Weiteres erhalte.
Mit streitigem Bescheid vom 26.04.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, bislang seien ihre Kinder in der Familienversicherung umfassend geschützt gewesen. Diese Versicherungen endeten zum 31.12.2009 und somit auch alle Leistungen, da die Einkünfte der Kinder die Einkommensgrenze für die Familienversicherung übersteigen. Wenn die Kinder selbst Mitglieder würden, sei sichergestellt, dass ihnen die Leistungen der Krankenkasse übergangslos offenstehen.
Nach dem Eingang der ausgefüllten und unterschriebenen Antragsformulare der Kinder ergingen die Bescheide vom 17.06.2010 zur eigenständigen Mitgliedschaft und Beitrags-pflicht ab 01.01.2010.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 29.06.2010 Widerspruch ein. Sie sei nicht bereit und nicht in der Lage, ihre Kinder von der geringen Halbwaisenrente selbst zu versichern und schon gar nicht in dieser Beitragshöhe. Es müsse möglich sein, die Kinder in der Familienversicherung zu belassen.
Mit Schreiben vom 04.01.2011 teilte die Beklagte mit, dass die Familienversicherung der Kinder erst mit dem 30.04.2010 geendet habe.
Die Klägerin ergänzte mit Schreiben vom 11.01.2011 ihre Widerspruchsbegründung. Es könne nicht sein, dass in Deutschland, wo Kinder unter einer besonderen öffentlichen Fürsorge stehen sollten, ausgerechnet bei Halbwaisen allein aufgrund des Todesfalls eines Elternteils und der ersatzweise Versorgung durch die Ärztekammer diese Versorgungsleistungen, die eigentlich voll den Kindern zukommen müssten, als Einkommen definiert werden. Mit anderen Worten: Die eine Sozialversicherung finanziere direkt die andere, der Versorgungswert bzw. Unterhaltsersatz verpuffe. Alle anderen Kinder in Deutschland hätten die Möglichkeit, über die Familienversicherung mitversichert zu sein. Dies sei insbesondere im Vergleich zu Unterhaltszahlungen nach Scheidungen interessant. Hätte sich der Ehemann der Klägerin scheiden lassen, wäre der Unterhalt für die Kinder höher, würde aber kein Einkommen darstellen und stünde ihnen voll zur Verfügung. Nach dem Studium und Berufseintritt als Assistenzarzt müsse man der Ärztekammer beitreten, was erhebliche monatliche Beitragszahlungen mit sich bringe, es handle sich also um eine Pflichtversicherung. Es sei die Regel, dass die gesetzliche Rentenversicherung dann nicht mehr weiter bezahlt werde. Der Kassenbeitrag für gesetzlich versicherte Waisen wäre hingegen erheblich niedriger. Für diesen Unterschied gebe es keinen angemessenen Grund. Abgesehen davon werde den Kindern Einkommen in einer Höhe unterstellt, die nicht annähernd erreicht werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf Grund des Bezugs der Versorgungsbezüge habe die Familienversicherung der Kinder mit dem 30.04.2010 geendet. Anschließend seien diese freiwillig versichert und die Beiträge für die freiwillige Versicherung seien auf der Grundlage der beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zu entrichten.
Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben. Die entscheidende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Bezug einer Waisenrente nicht zur Erhöhung des Gesamteinkommens im Sinne der zitierten Vorschrift führe. Andernf...