Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. niederländische Versandapotheke. kein Anspruch auf Erstattung des sog Herstellerrabatts bei Einzelverträgen mit deutschen Krankenkassen
Orientierungssatz
Eine Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden, die auf Grund von Einzelverträgen mit deutschen Krankenkassen Leistungen erbringt, hat keinen Anspruch auf Erstattung des Herstellerrabatts gem § 130a Abs 1 S 2 SGB 5 (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 3 KR 14/08 R = SozR 4-2500 § 130a Nr 5).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten auch der Berufung.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 63.162,38 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung des Herstellerrabatts gemäß § 130a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für Arzneimittel, die die in den Niederlanden ansässige Klägerin im Wege des Versandhandels an Versicherte der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 2003 bis 2007 abgegeben hat.
1. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts aus L./ Niederlande. Neben einer Präsenzapotheke versorgt sie über das Internet im Versandwege Verbraucher in Deutschland, insbesondere nach deutschem Recht gesetzlich krankenversicherte Personen. Nach ihren Angaben erwirbt sie dazu die Arzneimittel bei deutschen Großhändlern, die die Ware an die Klägerin in die Niederlande senden. Von dort aus beliefert die Klägerin gesetzlich krankenversicherte Personen auf Bestellung auch mit Arzneimitteln, die nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) zugelassen sind. Verschreibungspflichtige Arzneimittel versendet sie gegen Vorlage vertragsärztlicher Verordnungen. Sie rechnet auf der Grundlage von vertraglichen Vereinbarungen mit mehreren Hunderten benannten GKV-Krankenkassen u.a. mit der AOK Berlin, der AOK Niedersachsen oder mit der Audi BKK als Leistungserbringer die Lieferungen als Sachleistungen über eine Verrechnungsstelle in Deutschland ab. Zu Einzelheiten wird insoweit auf die Anlage BK3 zum Schriftsatz vom 08.12.2006 Bezug genommen.
Die Beklagte ist ein deutsches Tochterunternehmen eines ausländischen Pharmakonzerns und ist im Handelsregister des Amtsgerichts D-Stadt unter der Nummer HRB 75665 eingetragen. Sie ist ein pharmazeutisches Unternehmen iSd § 130a SGB V.
Der Gesetzgeber hatte die Beitragszahler ab 01.01.2003 durch § 130a SGB V entlastet. Pharmazeutische Unternehmer - wie die Beklagte - müssen seither Rabatte auf Arzneimittel gewähren, die an GKV-Versicherte abgegeben werden. Diese Rabatte müssen die Unternehmer nicht an die Krankenkassen abführen. Vielmehr kürzen die Krankenkassen die Abrechnungen der Apotheken um den Herstellerrabatt und verringern somit die an die Leistungserbringer zu zahlenden Beträge. Damit die Apotheken wiederum nicht Schaden nehmen, haben sie Anspruch auf Erstattung der Kürzungen gegen die pharmazeutischen Unternehmer.
2. Die Klägerin gab seit 2003 im Wege des Versandhandels an GKV-Versicherte Arzneimittel ab, die die Beklagte in den Markt gebracht hatte. Nach Angaben der Klägerin zahlten die vertraglich mit ihr gebundenen Krankenkassen hierfür absprachegemäß einen Preis unterhalb des Niveaus der deutschen Arzneimittelpreise und berücksichtigten dabei Abschläge in Höhe des Apothekenrabatts (§ 130 SGB V), des Herstellerrabatts (§ 130a Abs 1 SGB V), zudem des sog Großhändlerrabatts sowie auch weitere, von der Klägerin eingeräumte Rabatte. Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich unter Hinweis auf Listen über die Abgabe von Arzneimitteln an GKV-Versicherte mit der jeweiligen pharmazeutischen Identifizierungsnummer, der Rezeptnummer, der bundeseinheitlichen Kassennummer und der Versicherungsnummer auf, den Herstellerrabatt zu erstatten und zwar im Laufe des Verfahrens für die Jahre 2003 bis 2007.
3. Die Klägerin ist mit ihrem im Klagewege weiterverfolgten Zahlungsbegehren vor dem Sozialgericht München ohne Erfolg geblieben (abweisendes Urteil des Sozialgerichts München vom 11.10.2006). Die Beklagte sei der Klägerin, die nicht Leistungserbringerin der GKV sei, nicht erstattungspflichtig. Es habe keine Berechtigung zum Arzneimittelimport bestanden. Zudem sei die Klägerin nur aufgrund von Einzelverträgen in das Leistungs- und Abrechnungssystem der jeweils betroffenen Krankenkassen einbezogen, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen des Herstellerrabatts nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe den ihr offen stehenden Weg des Beitritts zum entsprechenden Rahmenvertrag, um GKV-Leistungserbringerin zu werden, nicht beschritten.
4. Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung, in der die Klägerin das Begehren auf die Abrechnungsjahre 2003 bis 2007 erweitert hat, hat sie die Verletzung von § 130a SGB V, § 43 AMG a.F. und Art. 28 und 30 EG-Vertrag (EGV) gerügt. Sie hat vorgebracht, sie habe entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes schon 2...