Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. inländisches Beschäftigungsverhältnis. befristete Versetzung ins Ausland. Ausstrahlungskriterien des § 4 SGB 4. Rumpfarbeitsverhältnis
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen eines Erziehungsgeldanspruchs gemäß § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 BErzGG idF vom 16.2.2001 einer erziehenden Person, die ihren Ehemann in das Ausland begleitet und dessen Beschäftigungsverhältnis nicht die Ausstrahlungskriterien des § 4 iVm § 7 SGB 4 erfüllt
2. Während § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 Bundeserziehungsgeld aF noch an ein Dienstverhältnis in einem Gebiet außerhalb des Geltungsbereiches angeknüpft hat, kann durch die Bezugnahme im neuen Recht auf § 4 Abs 1 SGB 4 Erziehungsgeld im Ausland auch dann in Anspruch genommen werden, wenn Arbeitnehmer, die nicht in einem Dienstverhältnis, sondern in einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis stehen, ins Ausland entsandt werden. Die Ausnahme vom Territorialitätsprinzip entspricht damit den allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Nach Sinn und Zweck der Bestimmung muss die Beschäftigung zunächst einen Inlandsbezug aufgewiesen haben, der durch die Entsendung lediglich durchbrochen wird. Ferner ist erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis bei dem betreffenden Arbeitgeber im Inland fortgeführt wird. Da das Bundeserziehungsgeldgesetz ausdrücklich auf § 4 SGB 4 Bezug nimmt, ist anders als früher zu fordern, dass das inländische Beschäftigungsverhältnis trotz Tätigkeit im Ausland fortbesteht. Indiz hierfür ist die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Gleichbehandlung mit den im Inland Beschäftigten. Wird hingegen das Beschäftigungsverhältnis gelöst und der Arbeitnehmer bei einer selbständigen Tochtergesellschaft im Ausland beschäftigt, ist von einem Fortbestehen nicht mehr auszugehen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist Bundeserziehungsgeld vom 16. August 2001 bis 15. März 2002.
Die 1961 geborene Klägerin (von Beruf Linguistin) schloss am 9. September 1998 die Ehe. Am 16. März 2003 wurde als drittes Kind die Tochter C. geboren; die Klägerin erhielt Mutterschaftsgeld vom 18. Februar bis 11. Mai 2001.
Der 1962 geborene Ehemann der Klägerin, der eine Fachhochschulausbildung zum Programmierer und ein Studium der Theologie absolviert hatte, nahm an Kursen in angewandter Sprachwissenschaft der W. Organisation teil und war ab 15. Mai 2001 für diese Organisation tätig. Hierbei handelt es sich nach Angaben des Klägerbevollmächtigten um eine gemeinnützige Organisation, die noch nicht erforschte Minderheitssprachen analysiert und verschriftet, in Zusammenarbeit mit Regierungsstellen der Länder Alphabetisierungsprogramme durchführt und u.a. wichtige Literatur in diese Sprachen übersetzt (Lesefibeln, Gesundheitsfibeln, die Verfassung des Landes und die Heilige Schrift). Sie arbeitet mit staatlichen und kirchlichen Stellen im Ausland eng zusammen. W. ist Mitglied der internationalen Organisation W. B. Translators International mit Sitz in D./USA.
Der Ehemann der Klägerin schloss am 14. Juni 2001 mit dem W. e.V. (B.) einen sog. Versetzungsvertrag zur Versetzung in ein Arbeitsgebiet des S. (Summer Institute ofLinguistics), dessen Hauptquartier sich in D./USA befindet. (http://www.sil.org/S./). Auf Grund dieses Vertrags wurde er zum S. International ab 1. August 2001 bis 31. Juli 2005 zur vorübergehenden Dienstleistung nach Äthiopien versetzt, wobei eine Verkürzung bzw. Verlängerung des Aufenthalts möglich war. Gemäß den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Vertrags (Ziffern 4 und 7) ruhe der unbefristete Dienstvertrag einschließlich der Hauptpflichten wie Arbeitsleistung und Zahlung von Arbeitsentgelt während der Zeit der befristeten Versetzung zum S. International. Er entfalte mit dem Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland wieder seine umfassende Wirksamkeit. Während der Auslandstätigkeit erfülle S. International die Arbeitgeberfunktionen gegenüber dem Mitarbeiter. Im Zeitraum der befristeten Versetzung ins Ausland, längstens jedoch bis zum tatsächlichen Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland, gehe die Weisungsbefugnis von dem W. e.V. auf das S. International über. Gleichzeitig sei der Mitarbeiter während seiner Auslandstätigkeit in die organisatorische Struktur von S. International eingegliedert. Der Mitarbeiter unterliege für die Zeit der Versetzung nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Die Alters- und Hinterbliebenenvorsorge werde in dieser Zeit durch Beiträge des W. e.V. an eine private Rentenversicherung abgedeckt. Zur Absicherung gegen Invalidität und Arbeitslosigkeit würden Beiträge an den Verein für Missionshilfe e.V. abgeführt. Im Auftrag des Mitarbeiters überweise der W. e.V. die Beiträge zur freiwilligen Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse. De...