Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt beim Elterngeld als leistungsrelevantes Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Übergangsrecht des § 27 Abs. 1 Satz 2, 3 BEEG bewirkt, dass auf einen Elterngeld-Leistungsfall zwei unterschiedliche Fassungen von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG anwendbar sein können.
2. Für Leistungszeiträume ab 01.01.2015 beurteilt sich der Zeitpunkt des Zuflusses von Nachzahlungen regulären Arbeitsentgelts allein nach einkommensteuerrechtlichen Maßstäben (Konsequenz der BSG-Urteile vom 14.12.2017 - B 10 EG 4/17 R und B 10 EG 4/17 R).
Orientierungssatz
1. Das Übergangsrecht des § 27 Abs. 1 S. 2 und 3 BEEG bewirkt, dass auf einen Elterngeld-Leistungsfall zwei unterschiedliche Fassungen des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG Anwendung finden können.
2. Für Leistungszeiträume nach dem 1. 1. 2015 beurteilt sich der Zeitpunkt des Zuflusses von Nachzahlungen regulären Arbeitsentgelts allein nach einkommensteuerrechtlichen Maßstäben (BSG Urteil vom 14. 12. 2017, B 10 EG 4/17 R).
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. April 2016 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 verurteilt, den Bescheid vom 3. April 2014 abzuändern und der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 2014 höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im August 2014 erhaltenen Nachzahlung von Arbeitsentgelt für die Monate September bis November 2013 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu vier Fünftel.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, für Betreuung und Erziehung ihrer Tochter im Rahmen eines Zugunstenverfahrens höheres Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu erhalten.
Die 35-jährige Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Mutter des am 07.02.2014 geborenen Kindes M. A.. Vor M.s Geburt arbeitete sie bei der S. AG, A-Stadt, als abhängig Beschäftigte. Am 27.09.2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. AG eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die Klägerin ab 27.09.2013 unwiderruflich und unbezahlt von der Arbeitsleistung frei. Von 27.09. bis einschließlich 15.12.2013 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Mit dem Vater des Kindes, dem Prozessbevollmächtigten, lebte die Klägerin im maßgebenden Zeitraum, dem Bezugszeitraum, unverheiratet in einem Haushalt zusammen. Neben M. gehörten dem Haushalt damals keine weiteren Kinder an. Während der Eltern-geldbezugszeit betreute die Klägerin M. selbst. Sie ging währenddessen keiner Erwerbstätigkeit nach. Mutterschaftsgeld bezog die Klägerin vom 16.12.2013 bis 04.04.2014; zudem erhielt sie für diesen Zeitraum vom Insolvenzverwalter einen Zuschuss gemäß § 14 des Mutterschutzgesetzes in Höhe von 55,42 EUR täglich.
Am 11.02.2014 beantragte die Klägerin Elterngeld für Betreuung und Erziehung ihrer Tochter M. für deren ersten bis zwölften Lebensmonat (07.02.2014 bis 06.02.2015). Sie legte eine Verdienstbescheinigung der S. AG vom 14.03.2014 vor. Darin war folgendes laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen ausgewiesen:
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* Oktober 2012 |
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1.926,67 EUR |
* November 2012 |
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2.606,66 EUR |
* Dezember 2012 |
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3.400,00 EUR |
* Januar 2013 |
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3.400,00 EUR |
* Februar 2013 |
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3.400,00 EUR |
* März 2013 |
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3.400,00 EUR |
* April 2013 |
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3.400,00 EUR |
* Mai 2013 |
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3.400,00 EUR |
* Juni 2013 |
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3.400,00 EUR |
* Juli 2013 |
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3.400,00 EUR |
* August 2013 |
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3.400,00 EUR |
* September 2013 |
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2.946,67 EUR. |
Unter dem Datum 01.03.2014 bescheinigte die Agentur für Arbeit München der Klägerin den Bezug von Arbeitslosengeld vom 27.09. bis 15.12.2013 sowie den Bezug von Insolvenzgeld vom 01.07. bis 26.09.2013. Die Bescheinigung enthielt den Hinweis, die Leistungssalden könnten auch Beträge enthalten, die an Dritte gezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 03.04.2014 bewilligte der Beklagte, wie von der Klägerin beantragt, Elterngeld für M.s Lebensmonate eins bis zwölf; die Entscheidung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Die Höhe des bewilligten Elterngelds betrug im ersten Lebensmonat Null, im zweiten Lebensmonat 70,12 EUR und in den übrigen Lebensmonaten jeweils 1.086,74 EUR. Der Berechnung legte der Beklagte aufgrund der Ausklammerung der Monate mit Bezug von Mutterschaftsgeld den Zeitraum Dezember 2012 bis November 2013 zugrunde. Das ab 27.09.2013 von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld berücksichtigte er bei Berechnung des Elterngeld-Brutto (2.726,11 EUR) nicht.
Mit Schreiben vom 08.12.2014 übersandte die Klägerin eine neue, durch den Insolvenzverwalter unterzeichnete Verdienstbescheinigung mit Datum 24.09.2014 und beantragte, das Elterngeld entsprechend höher festzusetzen. Diese Bescheinigung umfasste nun den Zeitraum Januar bis Dezember 2013. Für jeden Kalendermonat wurde ein Steuer-Brutto in Höhe von 3.400 EUR ausgewiesen, lediglich für Dezember 2013 1.700 E...