Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsrecht: Neufeststellung des Grades einer Schädigung wegen einer Kriegsverletzung wegen Verschlimmerung anerkannter Schädigungsfolgen
Leitsatz (amtlich)
1. Als bei § 48 SGB X beachtliche Verschlimmerung kommen nur die Verschlimmerung anerkannter Schädigungsfolgen und das Auftreten weiterer Schädigungsfolgen nach der letzten bestandskräftigen Feststellung in Betracht.
2. Schädigungsfolgen, die bereits vor dem letzten bestandskräftigen Bescheid vorgelegen haben, aber fälschlicherweise nicht berücksichtigt worden sind, können über § 48 SGB X keine Berücksichtigung finden; dafür wäre ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X der richtige Weg.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. November 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen im Sinn von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vorliegt und ob der ihm gewährten Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein höherer (rein medizinischer) Grad der Schädigung (GdS) gemäß § 30 Abs. 1 BVG als in Höhe von 70 zugrunde zu legen ist.
Der Kläger ist im Jahre 1943 geboren. Bei einem Fliegerangriff am 29.12.1944 erlitt er einen Durchschuss des linken Oberschenkels mit der Folge einer sich später entwickelnden erheblichen Beinverkürzung links, die auch die Benutzung einer Orthese erforderlich macht. Seit 1947 bezieht er Beschädigtenrente nach dem BVG (Bescheid vom 30.10.1950).
Zuletzt wurden in der Folge des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts (SG) Landshut vom 18.02.2006, Az.: S 9 V 33/97, als Schädigungsfolgen mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 24.03.2006 anerkannt:
1. Mehrfache Narbenbildung am Oberschenkel und Kniegelenksbereich links nach knöchern fest unter Deformierung verheiltem Bombensplitterschussbruch des Oberschenkels bzw. operativer Stellungskorrektur mit Versteifung des Kniegelenks in leichter Beugestellung und O-förmiger Verbiegung mit leichter Innendrehung des Unterschenkels;
2. versteifte Spitzfußstellung mit Gefühlsstörung des linken Fußes, praktische Unbeweglichkeit der Zehen nach hochgradiger Wadenbeinnervenschädigung, Beinverkürzung von 24 cm und erheblicher Muskelschwund des Beins, Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks;
3. Wirbelsäulenveränderungen mit Fehlstatik und geringen Funktionsstörungen.
Unter Einbeziehung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG wurde dem Kläger wie schon zuvor Versorgung nach einem GdS von 80 (davon rein medizinisch gemäß § 30 Abs. 1 BVG: 70) gewährt. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 18.02.2006 bleib erfolglos (Urteil des Senats vom 22.01.2008, Az.: L 15 V 5/06).
Grundlage des Gerichtsbescheids vom 18.02.2006 und des anschließenden Bescheids vom 24.03.2006 war das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. S. vom 25.05.2005. Dieser war zu der Einschätzung gekommen, dass eine vermehrte Degeneration im Hüftgelenk des Stumpfs (Anmerkung des Senats: Gemeint ist das verkürzte Bein) in der speziellen Konstellation beim Kläger durchaus möglich sei, eine Beeinflussung einer Hüftarthrose auf der Gegenseite aber eher unwahrscheinlich als Schädigungsfolge anzusehen sei. Da sich beim Kläger fast zeitgleich zur Hüftarthrose auf der linken Seite auch auf der anderen Seite eine Hüftarthrose entwickelt habe, müsse man auch von einer Disposition zur Hüftarthrose ausgehen. Insofern erlange die Schädigungsfolge auf der linken Seite nur den Status im Sinn der Verschlimmerung. Durch die Beinveränderungen links sei zudem ein sekundärer Schaden im Bereich der Lendenwirbelsäule zu bejahen. Als weitere Schädigungsfolgen hatte der Sachverständige daher Wirbelsäulenschäden mit Fehlstatik mit geringen funktionellen Auswirkungen (GdS 10) und eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks (GdS 10) vorgeschlagen.
Ein Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 23.11.2008 blieb erfolglos (Bescheid vom 05.03.2009, Widerspruchsbescheid vom 22.09.2009, Urteil des SG Landshut vom 03.11.2010), ebenso ein Überprüfungsantrag vom 20.12.2010 (Bescheid vom 03.01.2011, Widerspruchsbescheid vom 01.07.2011, Urteil des SG Landshut vom 23.07.2012).
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18.04.2013 beantragte der Kläger erneut, wegen einer Leidensverschlimmerung den GdS gemäß § 30 Abs. 1 BVG von 70 auf 80 zu erhöhen. Es liege - so der Kläger - eine erhebliche Zunahme der Beschwerden in den Hüftgelenken (links stärker als rechts) sowie im Lendenwirbelsäulenbereich vor. Zeitweise sei der Kläger auf die Benutzung von Krücken angewiesen. Insbesondere hätten die Folgeschäden am linken Hüftgelenk und an der unteren Lendenwirbelsäule einen besonderen funktionell ungünstigen Einfluss auf die Beinschädigung und somit auf die Mobilität. Im Übrigen könne gefolgert werden, dass sich die Arthrosen durch die jahrzehntelange schädigungsbedingte Ü...