Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Trinkgelder. Nichtberücksichtigung als Zuwendung Dritter
Leitsatz (amtlich)
Trinkgelder sind als Einnahmen im Rahmen des SGB II zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Ihre Berücksichtigung ist nicht nach § 11a Abs 5 SGB 2 ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. September 2017 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 7.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.4.2016 verurteilt, der Klägerin für Dezember 2014 SGB II-Leistungen von insgesamt 552,84 € und für Januar 2015 von 525,44 € zu bewilligen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Beklagte trägt 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Wege eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X höhere SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.12.2014 bis 31.5.2015, insbesondere ohne Anrechnung von Trinkgeldern und unter Anerkennung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die 1977 geb. Klägerin lebt allein. Die 1998, 2001 und 2006 geb. Töchter leben nicht bei der Klägerin. Die jüngste Tochter lebt bei ihrem Vater. Die Klägerin nahm ein begleitetes Umgangsrecht außer Haus wahr. Die Entfernung gab die Klägerin mit 17 km an. Hierfür werden ihr vom Beklagten die Fahrtkosten erstattet in Höhe von 3,40 € (17 km x 0,1 € x 2). Das Umgangsrecht nahm die Klägerin im streitigen Zeitraum am 13.12.2014, 3.1. und 24.1. und am 7.3.2015 wahr. Die Kosten für die damalige 80 qm große 4-Zimmer-Wohnung in S-Stadt - zwischenzeitlich ist die Klägerin nach A-Stadt zu ihrem Lebensgefährten gezogen- betrugen monatlich insgesamt 410 € (325 € Grundmiete, 35 € Nebenkosten, 35 € Heizkosten, 15 € Garage). Bereits mit Schreiben vom 4.6.2014 wurde die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert. Es wurde angekündigt, ab 1.12.2014 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten von 321,20 € zuzüglich der Heizkosten zu übernehmen. Der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung betrug nach dem vorgelegten Kontoauszug vom 8.5.2015 monatlich 48,54 €. Ferner entrichtete die Klägerin einen Beitrag von 5 € monatlich für die geförderte Altersvorsorge (Riestervertrag). Sie erzielte ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit von 50 € brutto gleich netto monatlich, das im Folgemonat ausgezahlt wurde sowie Trinkgeld in Höhe von 25 € monatlich. Nach eigenen Angaben der Klägerin betrugen die Fahrtkosten zur Arbeit monatlich 33,48 €. Ab 1.1.2015 wurde der Arbeitsvertrag abgeändert und das Einkommen auf 144,50 € erhöht. Gemäß der Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers wurden tatsächlich monatlich 147,31 € brutto gleich netto gezahlt. Angegeben wurde dabei vom Arbeitgeber, dass das Gehalt am Ende des laufenden Monats ausgezahlt wird. Demgegenüber ergibt sich aus den vorgelegten Kontoauszügen eine Überweisung von 50 € am 2.1.2015 und eine Gutschrift von 147,31 € am 2.2.2015. Die Klägerin erhielt letztmals am 4.5.2015 ihr Gehalt von 147,31 € überwiesen. Ab Mai übte sie keine Beschäftigung mehr aus. Ferner bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I von monatlich 290,10 €, zuletzt im Mai 96,70 €; der Arbeitslosengeld I-Bezug endete am 10.5.2015.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 23.10.2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin zuletzt (Bewilligungsbescheid vom 7.11.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 1.12.2014, 5.2.2015 und 8.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.5.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.5.2015 und des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 26.6.2015) für Dezember 2014 516,96 €,
Januar 2015 386,91 €, Februar 2015 422,36 €, März 2015 425,76 €, April 2015 422,36 € und Mai 2015 1.112,01 €.
Am 7.9.2015 stellte die Bevollmächtigte der Klägerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung habe und die Trinkgelder als Erwerbseinkommen und nicht als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen und somit 25 € monatlich nachzuzahlen seien.
Mit Überprüfungsbescheid vom 7.12.2015 wurde dem Überprüfungsantrag teilweise stattgegeben und insoweit ein Änderungsbescheid vom 7.12.2015 erlassen. Bewilligt wurden für Dezember 2014 531,96 €, Januar 2015 406,91 €, Februar 2015 442,36 €, März 2015 445,76 €, April 2015 442,36 € und Mai 2015 1.127,01 €. Die Bevollmächtigte der Klägerin legte mit Schriftsatz vom 8.1.2016 gegen den Änderungsbescheid vom 7.12.2015 Widerspruch ein. Die Kosten der Unterkunft und Heizung seien in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Wegen der bevorstehenden Übernachtungen der Tochter T. sei der Klägerin ein Umzug nicht zumutbar und auch nicht wirtschaftlich sinnvoll. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.4.2016 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Eine Rückführung der Tochter T. stehe nicht bevor. Übernac...