Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Nachrang. Überleitungsanzeige. Negativevidenz. Sittenwidrigkeit. Schenkung
Leitsatz (redaktionell)
Die Anzeige des Übergangs eines Anspruchs nach § 93 SGB XII ist rechtswidrig, wenn der überzuleitende Anspruch offensichtlich nicht besteht.
Normenkette
SGB I § 12; SGB XII §§ 2, 93 Abs. 1; BGB §§ 138, 529
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 26.04.2007 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2006 abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Übergang von Ansprüchen einer leistungsberechtigten Person gegen einen Anderen auf den Beklagten.
Der Beklagte gewährte der leistungsberechtigten, seit 30.12.2004 in verschiedenen Seniorenheimen lebenden, nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in Pflegestufe II eingestuften Mutter der Klägerin, E. B. (B.), ab 22.02.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 42 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von 260,36 EUR, weitere Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 35 Abs 2 SGB XII in Höhe von 88,66 EUR und Hilfe zur Pflege gemäß § 61 SGB XII in Höhe von 382,49 EUR aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 09.03.2005.
Bis zur Heimunterbringung wohnte B. im Haus der Klägerin, das B. aufgrund notariellen Vertrages vom 27.03.1981 der Klägerin u.a. überlassen hatte. Für das dazugehörige Grundstück waren Grundschulden in Höhe von insgesamt 35.200,00 DM eingetragen; tatsächlich bestanden noch Darlehensverpflichtungen in Höhe von 4.040,44 DM, die die Klägerin zurückzahlen sollte. Im Rahmen des materiellen Übergabevertrages ist B. ein sog. Leibgeding eingeräumt worden. Sie konnte mietfrei in drei Zimmern des Hauses wohnen, die Klägerin hatte die hierfür anfallenden Kosten zu tragen und für Wart und Pflege, Besorgung des Arztes und der Heilmittel, Reinigung und Instandhaltung der Kleidung, Wäsche und Schuhe, Reinigung und Instandhaltung der Austragswohnung und das Aufbetten zu sorgen. Gemäß Punkt III. Buchst. b des notariellen Vertrages seien diese Leistungen durch die Klägerin nur im Vertragsanwesen und nur dann zu erbringen, wenn die Berechtigte (B.) wegen Alters oder Krankheit nicht in der Lage sei, diese Arbeiten selbst zu verrichten. Eine Umwandlung in eine Geldleistung sei ausgeschlossen.
Auf Anhörung wegen einer Überleitung von Ansprüchen hin teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die Wohnung der B. werde zunächst nicht bewohnt werden, sie müsse renoviert werden.
Mit Bescheid vom 15.04.2005 zeigte der Beklagte der Klägerin gegenüber an, dass der Anspruch der B. aus dem notariellen Vertrag vom 27.03.1981 ab 01.03.2005 auf den Beklagten übergeleitet werde (102,50 EUR wegen Wart und Pflege). Ein Abgeltungsbetrag für das Wohnrecht werde nicht geltend gemacht, solange die Wohnung nicht benutzt werde. Ähnlich einem Leibgedingvertrag sei hier Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden und im Gegenzug sollten Grundbedürfnisse des täglichen Lebens und der Lebensabend abgesichert werden. Eine konkrete Abgeltungsregelung für den Fall einer Unterbringung in einem Pflegeheim sei nicht vereinbart worden. Aus dem Vertragstext und der wirtschaftlichen Situation bei Vertragsschluss ergebe sich unzweifelhaft, dass B. einen wesentlichen Teil ihres Vermögens abgegeben habe, um sich im Gegenzug für die Fährnisse des täglichen Lebens und des Alters abgesichert zu wissen. Für die Sicherstellung einer Heimpflege seien somit keine ausreichenden Mittel mehr vorhanden gewesen. Bei einer derartigen Vertragsgestaltung habe die Klägerin die durch den Wegzug ersparten Aufwendungen zu tragen. Die Existenz eines solchen Abgeltungsanspruches sei nicht von vorneherein ausgeschlossen. Die Überleitung erscheine weder unzumutbar noch unbillig. Der Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII und das Gebot der wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel sei beachtet worden. Das öffentliche Interesse an der Überleitung des Gesamtanspruches überwiege daher. Weitere Gesichtspunkte für die Ausübung des Ermessens zugunsten der Klägerin seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Den Widerspruch hiergegen begründete die Klägerin damit, Leistungen seien von ihr nur im Vertragsanwesen zu erbringen, eine Umwandlung in eine Geldleistung sei ausgeschlossen worden. Eine rechtskonforme Auslegung des Vertragstextes sei nicht erforderlich. Im Gegenzug zur Übernahme des Grundstückes und Hauses habe sie Darlehensschulden beglichen. Hinsichtlich der Höhe des übergeleiteten Betrages sei der Bescheid nicht begründet.
Den Widerspruch wies die Regierung von Oberfranken mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2006 zurück. Das Bestehen des Anspruches auf Abgeltung sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Der konkrete Abgeltungsbetrag in Höhe von 102,50 EUR ergebe sich aus der Halbierung des nach Pflegestufe I zu...