Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung. keine Ermessensüberschreitung bei nicht vollständigem Abzug bereits zuvor erfolgter Honorierungen bei der Berechnung der Rückforderung wegen Überschreitens der Job-Sharing-Obergrenze
Orientierungssatz
Ein nicht vollständiger Abzug bereits zuvor erfolgter Honorierungen bei der Berechnung der Rückforderung nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung wegen Überschreitens der Job-Sharing-Obergrenze stellt keine Ermessensüberschreitung der Kassenärztlichen Vereinigung dar.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die Klage auch insoweit abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der aufgrund einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale 1/2007 bis 2/2010 zurückgeforderten Honorare.
Die Klägerin ist als Anästhesistin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Zeitraum vom 01.08.2004 bis 30.09.2009 hatte sie im Rahmen einer Jobsharing-Partnerschaft einen angestellten Arzt in der Praxis. Es galten die vom Zulassungsausschuss festgesetzten Jobsharing-Obergrenzen. Entsprechende Saldierungsbescheide wurden von der Beklagten erlassen, zuletzt der Bescheid vom 19.04.2011 (vergleiche das Berufungsverfahren L 12 KA 164/14).
Wegen auffälliger Tagesarbeitszeiten wurde am 13.09.2010 eine Plausibilitätsprüfung eingeleitet. Dieses Verfahren endete mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 14.06.2011, mit dem die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 bis 2/2010 zurückgenommen wurden und das Honorar neu festgesetzt wurde, so dass sich eine Differenz mit einem Rückforderungsbetrag in Höhe von 101.816,65 € ergab. In diesem Bescheid legte die Beklagte dar, dass anhand der Saldierungsbescheide für Jobsharing die Rückforderungssumme in den einzelnen Quartalen ermittelt worden sei, die bereits von der Klägerin beglichen worden sei. Bei der Berechnung der Rückforderung aufgrund der Plausibilitätsprüfung sei in den Quartalen 1/2007 bis 4/2008 und 2/2009 die bereits geleistete Rückforderung aus der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen berücksichtigt. Dabei sei der prozentuale Anteil der Jobsharing-Rückforderung am Gesamthonorar ermittelt worden und dieser Anteil bei der jeweiligen Gebührenordnungsposition als Abschlag angerechnet worden. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts möglich. Die Beklagte beziehe sich insoweit auf die Rechtsprechung zu den Praxis- und Individualbudgets vom 11.03.2009. Der zu Grunde liegende Sachverhalt sei mit einer Jobsharing-Praxis vergleichbar. Auch hier würden die Ärzte einen festen Maximalbetrag erhalten. Leistungen, die über der Jobsharing-Obergrenze erbracht würden, führten faktisch dazu, dass das Honorar für die erbrachte Leistung sinke. Um diesem tatsächlich geringeren Honorar bei jeder Leistung Rechnung zu fragen, habe die Beklagte die Rückforderung aus der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze entsprechend anteilig je Gebührenordnung Position (GOP) berücksichtigt und so nur den praxisindividuellen Wert der GOP zurückgefordert.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wies sie insbesondere darauf hin, dass die bereits wegen Überschreitens der Jobsharing-Obergrenze erfolgten Abzüge vollständig angerechnet werden müssten. Damit ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag von 65.327,64 €, mehr Honorarvolumen sei nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Honorar zurückfordern könne, das nicht ausbezahlt bzw. bereits zurückgefordert worden sei (Schreiben vom 19.08.2011).
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie legte nochmals dar, dass das Urteil vom 11.03.2009 auch auf Jobsharing-Obergrenzen anwendbar sei. Die Berechnung der Rückforderung sei rechtmäßig, da nur der praxisindividuelle Wert der GOP zurückgefordert worden sei und die Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze entsprechend anteilig berücksichtigt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG). Das SG gab der Klage mit Urteil Vom 23.07.2014 teilweise statt und verurteilte die Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Verrechnung, wie sie von der Beklagten vorgenommen werde durch Ermittlung des prozentualen Anteils der Jobsharing-Rückforderung am Gesamthonorar und Abschlag dieses Anteils bei den jeweiligen GOP, sei bereits deshalb fraglich, weil hierfür keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei. Eine Berücksichtigung sei allenfalls im Rahmen des der Beklagten zustehenden Schätzungsermessens vorstellbar.
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 6...