Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung. Abrechnungsvoraussetzungen der Akupunkturleistungen nach Nr 30790 und 30791 EBM. Überprüfungspflicht des Akupunkteurs nach § 5 Abs 1 Nr 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur. Vorliegen eines mindestens sechsmonatigen Schmerzintervalls unmittelbar vor der Akupunkturbehandlung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 6 KA 56/17 R
Orientierungssatz
1. Die Überprüfungspflicht des Akupunkteurs nach § 5 Abs 1 Nr 2 der "Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten nach § 135 Abs 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur)" (QV-A) zur Feststellung des sechsmonatigen Schmerzintervalls kann sich nicht allein auf entsprechenden Patientenangaben stützen, die Überprüfung bedarf vielmehr einer aus dem Zeitraum vor Akupunkturbeginn stammenden ärztlichen Schmerzdokumentation. Hierzu reicht die bloße Befragung des Patienten, seit wann er wegen Schmerzen in anderweitiger ärztlicher Behandlung ist, als mittelbare Prüfung der gegebenenfalls dann anzunehmenden Dokumentation des Vorbehandlers nicht aus.
2. Nicht zwingend erforderlich ist die unmittelbare Überprüfung der ärztlichen Dokumentation beim Vorbehandler etwa durch Anforderung von Unterlagen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass aus der Patientendokumentation des Akupunkteurs hervorgeht, dass das Vorliegen arztbekannter ggf anderweitig dokumentierter, aber seit sechs Monaten bestehender Schmerzen nötigenfalls durch Nachfrage beim Vorbehandler überprüft wurde.
3. Abrechnungsvoraussetzung der Akupunkturleistungen GOP 30790 und 30791 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) (juris: EBM-Ä 2008) ist, dass die Patienten wegen einschlägiger Diagnosen/Schmerzintervallen in den Vorquartalen in ärztlicher Behandlung waren.
4. § 5 Abs 1 Nr 2 QV-A gibt eindeutig vor, dass das mindestens sechsmonatige Schmerzintervall vor der Akupunktur liegt. Auch aus der Formulierung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 und Nr 2 QV-A, dass chronische Schmerzen, die "seit mindestens sechs Monaten bestehen", die Indikation begründen, ist zu entnehmen, dass die Schmerzen ununterbrochen für mindestens sechs Monate bestanden haben müssen und diese sechs Monate auch unmittelbar vor der Akupunktur liegen müssen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.09.2014, S 39 KA 307/12, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung von Akupunkturleistungen (GOR 30790 und 30791) für das Quartal 2/07.
Der Kläger ist als Orthopäde in Bayreuth zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 10.10.2007 wurde das Gesamthonorar des Klägers für das Quartal 2/07 festgesetzt. Mit Richtigstellungsbescheid vom 06.10.2011 erfolgten auf Antrag der Beigeladenen (AOK) für das Quartal 2/07 Absetzungen von Akupunkturleistungen mit einem Rückforderungsbetrag in Höhe von 9.322,00 €. Einen Teil der den Kläger betreffenden Anträge der Beigeladenen habe die Beklagte mit Hinweis auf das Vorliegen ihrer Ansicht nach begründeter Diagnosen abgelehnt. In den übrigen Fällen sei entweder keine Diagnose zu finden, die eine der in der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur genannte Indikation begründen könne oder es sei kein durchgängiges sechsmonatiges ärztlich dokumentiertes Schmerzintervall feststellbar. Details zu den betroffenen Patienten, Gebührenordnungspositionen und einzelnen Beträgen seien der beigefügten Anlage zu entnehmen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger am 25.11.2011 damit, sämtliche Akupunkturleistungen seien den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend und in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben durchgeführt worden. Die zwingend vorgeschriebenen Diagnosen lägen vor und darüber hinaus auch die mindestens sechsmonatigen Schmerzintervalle, dies könne anhand der beigefügten Dokumentationen für jeden Patienten einzelfallbezogen nachgewiesen werden. Beigefügt waren Eingangs- und Abschlussuntersuchungsbögen der betreffenden Patienten mit Eintragungen zur Schmerzlokalisation und Schmerzdauer sowie weitere kurze Stellungnahmen zu den einzelnen Patienten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Beigeladene habe gemäß § 15 Abs.2 des Gesamtvertrages-Regionalkassen innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt der Abrechnungsunterlagen einen Antrag auf sachlich-rechnerische Richtigstellung gestellt. Nach § 1 Abschnitt A Allgemeine Bestimmungen der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur bei chronisch schmerzhaften Patienten nach § 135 Abs.2 SGB V und Anlage I Nr. 12 Methoden-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sei Voraussetzung für eine Abrechnung der GOP 30790 und ...