Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. rentenrechtliche Relevanz psychischer Erkrankungen
Orientierungssatz
1. Eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen setzt voraus, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere Einschränkungen hinzutreten, die ganze Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen.
2. Psychische Erkrankungen werden erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG, 12. September 1990, 5 RJ 88/89, BSG, 29. März 2006, B 13 RJ 31/05 R, LSG München, 21. März 2012, L 19 R 35/08).
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Die 1954 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben in Kasachstan eine Ausbildung als Bauingenieur durchlaufen. In Deutschland wurde sie in den Jahren 1995 bis 1997 zur Hauswirtschafterin ausgebildet, zuletzt war sie versicherungspflichtig in der Altenpflege tätig.
In einem früheren Rentenrechtstreit (L 20 RJ 201/03) entschied der Senat mit Urteil vom 27.10.2004, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Leistungen der verminderten Erwerbsfähigkeit gehabt habe. Sie sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne quantitative Einschränkung einsatzfähig gewesen. Es habe auch keine Berufsunfähigkeit vorgelegen, da sie in Anbetracht der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als ambulante Pflegekraft auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar gewesen sei.
Am 22.03.2005 stellte die Klägerin zum wiederholten Mal einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und gab an, schon seit längerem erwerbsgemindert zu sein wegen Erkrankungen der Wirbelsäule, des Magens/Darms, Bluthochdrucks, Arthrose, Augen/Netzhaut und Migräne. Bei ihr liege seit April 2003 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 vor; dieser beruhte auf einem Einzel-GdB von 30 für seelische Störung, einem Einzel-GdB von 20 für Migräne und Spannungskopfschmerzen, einem Einzel-GdB von 20 für Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelerscheinungen und einem Einzel-GdB von 20 für chronische Magenschleimhautentzündung.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin am 07.06.2005 orthopädisch durch Dr. S. untersucht, der eine Thorakolumbalskoliose, eine chronische Lumbalgie, ein chronisches Cervikalsyndrom und eine beginnende mediale Gonarthrose beidseits diagnostizierte. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten könne die Klägerin weiterhin täglich sechs Stunden und mehr ausüben. Ebenfalls täglich sechs Stunden und mehr seien der Klägerin leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, ohne längere Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten und ohne sonstige häufige schwere körperliche Belastungen möglich.
Für ein weiteres Gutachten wurde die Klägerin am 21.06.2005 durch den Internisten Dr. S. untersucht. An Diagnosen stellte dieser in seinem Gutachten vom 14.07.2005 fest:
1. Colon irritabile,
2. Fruktoseintoleranz,
3. Hypercholesterinämie,
4. Zustand nach Helicobacter assoziierter Gastritis,
5. Zustand nach biliärer endoskopischer Sphinkterotomie,
6. Zustand nach Cholecystektomie,
7. Chronische spastische Bronchitis,
8. Zustand nach Tonsillektomie,
9. Psychosomatisches Syndrom mit somatoformer autonomer Funktionsstörung.
Sozialmedizinisch schloss er sich dem Vorgutachten an.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2005 den Rentenantrag ab. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin bestehe weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bei dem zuletzt ausgeübten Beruf als Altenpflegerin.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.08.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass nur Gutachten für die jeweiligen Fachgebiete erstellt worden seien und es an einem Gesamtgutachten fehle. Die Beklagte beauftragte im Folgenden den Psychiater Dr. B. mit der Erstellung eines weiteren ärztlichen Gutachtens. Die von Dr. B. angebotenen Untersuchungstermine sagte die Klägerin jedoch ab. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006 den Widerspruch zurück. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin sei weder für den zuletzt ausgeübten Beruf noch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nachgewiesen.
Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 06.06.2006 am 07.06.2006 Kla...