Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungzentrum. Zulassungsverfahren nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in einem bisher überversorgten Planungsbereich. Antragsfrist. Ausschlussfrist. Nichtanwendung der Konzeptbewerbung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 6 KA 5/18 R

 

Orientierungssatz

1. Bei der Antragsfrist nach § 26 Abs 4 Nr 2 BPL-RL (juris: ÄBedarfsplRL) handelt es sich um eine Ausschlussfrist, in die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich ist (vgl BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R = SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 25 und LSG München vom 11.3.2015 - L 12 KA 68/14).

2. Die Regelung des § 103 Abs 4 S 10 SGB 5 idF vom 16.7.2015 ist für das Zulassungsverfahren nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in einem bisher überversorgten Planungsbereich nicht, auch nicht analog, anwendbar. Dies verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.05.2019; Aktenzeichen B 6 KA 5/18 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Besetzung eines hälftigen orthopädischen Vertragsarztsitzes.

Der Kläger ist Träger des MVZ Medic-Center A. in A-Stadt.

Mit Beschluss vom 28.8.2015 stellte der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern für die Arztgruppe der Orthopäden im Landkreis N. - Bad W. fest, dass eine Überversorgung nicht mehr bestehe und die angeordneten Zulassungsbeschränkungen aufgehoben werden mit der Auflage, dass neue Zulassungen im Umfang eines halben Vertragsarztsitzes erteilt werden können (§ 103 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), § 16 b Abs. 3 S. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), § 26 Abs. 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundessausschusses über die Bedarfsplanung der vertragsärztlichen Versorgung (BPlR-Ä)). Nach dem Inhalt des Beschlusses galten diese Feststellungen entsprechend für Anträge auf die Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder bei Vertragsärzten. Unter 4. des Beschlusses war ferner festgelegt worden, dass Bewerber ihre Zulassungsanträge und sämtliche hierfür gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV erforderlichen Unterlagen bis spätestens 20.11.2015 beim zuständigen Zulassungsausschuss einzureichen hätten.

Mit Schreiben vom 20.11.2015 des Medic-Center A., unterzeichnet durch den Geschäftsführer M. L., erfolgte am 20.11.2015 beim Zulassungsausschuss Ärzte Mittelfranken (nachfolgend ZA) eine Bewerbung um den ausgeschriebenen hälftigen orthopädischen Sitz im Landkreis N. - Bad W. unter Berufung auf § 103 Abs. 4 S. 10 SGB V.

Zur Begründung dieser "Konzeptbewerbung" wurde durch Herrn L. ausgeführt, dass das MVZ über viele verschiedene, durch die Fachgruppe Orthopädie sinnvoll ergänzbare Fachgruppen verfüge und sich das bereits vorhandene allgemeinärztliche sowie rheumatologische Versorgungsangebot ideal durch orthopädische Leistungen ergänzen ließe. Daneben sei auch aufgrund der nervenärztlichen Sprechstunden eine zeitnahe Diagnose orthopädischer Beschwerden mit neurologischen Ausfallserscheinungen gewährleistet. Auf diese Weise könnten unnötige Krankenhauseinweisungen durch fehlende neurologische Befunde vermieden werden.

Ein konkreter anzustellender Arzt wurde in der Bewerbung nicht benannt, jedoch im weiteren Verlauf des Verfahrens am 28.1.2016 per E-Mail mitgeteilt, dass die Beigeladene zu 8) für die Stelle vorgesehen sei, die ihre Weiterbildungszeiten bereits absolviert hätte und derzeit auf einen Termin zur Facharztprüfung warte. Nach Ansicht des Klägers sei wegen der in § 103 Abs. 4 S. 10 SGB V eingeräumten Möglichkeit einer "Konzeptbewerbung" die Vorlage weiterer Unterlagen nicht erforderlich.

Die Beigeladene zu 8) wurde bis zur Sitzung des ZA Ärzte Mittelfranken nicht ins Arztregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen.

Mit Beschluss vom 3.2.2016, den der Kläger ausgefertigt als Bescheid am 26.2.2016 zugestellt erhielt, lehnte der ZA den Antrag ab, da vom Kläger innerhalb der vom Landesausschuss eingeräumten Antragsfrist keine der Unterlagen des § 18 Abs. 1, 2 Ärzte-ZV vorgelegt worden waren. Die Bestimmung des § 103 Abs. 4 S. 10 SGB V betreffe nicht das hier vorliegende Besetzungsverfahren, sondern die Nachbesetzung im Sinne des § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V nach Zulassungsende eines Vertragsarztes aufgrund Tod, Verzicht oder Entziehung. Für die hier vorliegende Fallgestaltung treffe hingegen § 26 Abs. 4 BPlR-Ä bezüglich Anträgen auf Neuzulassung speziellere und abschließende Regelungen. Raum für eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4 S. 10 SGB V sei schon deshalb nicht gegeben, weil keine Regelungslücke vorhanden sei. Vielmehr habe der Gesetzgeber eine neue Handlungsmöglichkeit erkennbar nur für eine bestimmte Fallgestaltung geschaffen, so dass die Übertragbarkeit auf andere Fallgestaltungen ausscheide.

Der ZA könne deshalb nur fristgerechte und vollstän...

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