Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Anrechnung des Einkommens des eheähnlichen Partners. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Einbeziehung des eheähnlichen Partners des Hilfebedürftigen in die Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II mit der Folge, dass dessen Einkommen beim Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II zu berücksichtigen ist, ist verfassungsgemäß.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 3b, § 9 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung des Arbeitslosengeldes I (Alg I) des eheähnlichen Partners auf das Alg II streitig.
Die 1973 geborene Klägerin beantragte am 23.12.2004 zum 01.01.2005 Alg II. Bei der Antragstellung gab sie an, mit Herrn C. M. (geboren 1969) in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. Mit im Haushalt lebt die gemeinsame Tochter M. M. (geboren 2001), für die Kindergeld von 154,00 EUR gewährt wird. Die Klägerin hatte bis einschließlich 21.12.2004 (Anspruchserschöpfung am 22.12.2004) Alg I nach einem wöchentlichen Leistungssatz von 169,05 EUR bezogen. Dem Lebenspartner der Klägerin wurde zum 31.12.2004 gekündigt. Er bezieht seit dem 01.01.2005 Alg I (täglich 28,01 EUR).
Mit Bescheid vom 07.03.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 292,64 EUR. Auf den Bedarf wurde das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR monatlich und das Alg I des Lebensgefährten in Höhe von 840,00 EUR monatlich angerechnet.
Mit dem Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Bescheid der Beklagten verstoße gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf unter dem Az.: S 35 SO 28/05 ER. Nach diesem Urteil liege ein Verstoß gegen Art.3 des Grundgesetzes (GG) vor. Zudem sei sie der Meinung, dass die Anrechnung des Kindergeldes nicht zulässig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung des SG Düsseldorf im Beschluss vom 16.02.2005 stelle eine zwischen einem Mann und einer Frau angelegte eheähnliche Gemeinschaft mit der Konsequenz des gegenseitigen Einkommens- und Vermögensansatzes keine von Verfassungs wegen unzulässige Benachteiligung gegenüber dem zahlenmäßig weit weniger vorkommenden gleich gelagerten Lebensgemeinschaften homosexueller Paare dar (vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 31.03.2005, Az.: S 31 AS 82/05; SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 20.04.2005, Az.: S 4 AS 31/05 ER). Ungeachtet dessen verkenne das SG Düsseldorf, indem es auf die Unterhaltspflichten abstelle, dass es darauf bei der Bedarfsgemeinschaft nach Inhalt und Umfang eben nicht ankomme (vgl. BT-Drucksache 15/1516, S.52 f.; VG Augsburg, Beschluss vom 02.06.1999, Az.: Au 3 E 69.675; VG Augsburg, Beschluss vom 29.07.1999, Az.: Au 3 E 99.865 jeweils zur sozialhilferechtlichen Bedarfsgemeinschaft; Schellhorn/ H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002 Rdnrn.52 f. zu § 91; Nargler/Zink BSHG, Stand 2004, Rdnr.53 § 91) und übersehe darüber hinaus, dass wesentliche Regelungen, wie z.B. das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz, dass eine - weitere - Angleichung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften an verschiedengeschlechtliche bringen sollte, bislang nicht in Kraft getreten sei bzw. hetero- und homosexuelle Lebensgemeinschaften nach wie vor - aus der Natur der Sache heraus - unterschiedlich z.B. hinsichtlich der Adoptionsmöglichkeiten behandelt würden. Verfassungsrechtlich brauche nur Gleiches gleich behandelt zu werden, Ungleiches jedoch nicht und es sei in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, ggf. korrigierende Regelungen einzuführen. Damit komme es für die Bedürftigkeit der Klägerin auch auf die wirtschaftliche Lage des Lebensgefährten an. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch das Kindergeld anzurechnen und zwar nach § 11 Abs.1 Satz 3 SGB II als Einkommen des minderjährigen Kindes.
Zur Begründung der dagegen zum SG Augsburg erhobenen Klage hat die Klägerin auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen, weshalb auch die Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen hat.
Das SG hat der Klägerin mitgeteilt, dass der Beschluss des SG Düsseldorf (nicht Urteil) zwischenzeitlich vom LSG NRW aufgehoben worden sei (LSG NRW 21.04.2005 - NJW 2005, S.2253). Die Begründung des SG Düsseldorf sei nicht nachvollziehbar gewesen, weil es die gleich lautende Regelung ohne verfassungsrechtliche Zweifel seit Jahrzehnten im Bereich der Alhi und Sozialhilfe gegeben habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.10.2005 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 ein Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 293,00 EUR monatlich gewährt werde.
Mit Urteil vom 04.10.2005 hat das SG im Übrigen die Klage abgewiesen. Im Anschluss an die Entscheidung des LSG NRW würden keine...