Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Übergangsregelung. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Stichtag 31.12.2004 des Art 6 § 4c Abs 2 Nr 3 FANG für die Stellung eines Überprüfungsantrags ergibt sich aus der Anwendbarkeit des § 44 Abs 4 SGB 10.
2. Die Ausgestaltung übergangsrechtlicher Regelungen steht nach der Vorgabe des BVerfG im Ermessen des Gesetzgebers.
3. Der Gesetzgeber durfte sich einer Stichtagsregelung bedienen. Darin liegt insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 Abs 1 GG, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Stichtages 30.6.2006 ist sachgerecht.
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Antrags auf Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) die Höhe der Altersrente für Schwerbehinderte unter Anwendung der Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c Abs. 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes (FRG).
Der 1933 in Rumänien geborene Kläger ist am 26. September 1990 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Er erhält seit 1. Dezember 1996 gemäß Rentenbescheid der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz vom 9. November 1996 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige. Die Beklagte berücksichtige dabei Zeiten von 1. Oktober 1947 bis 31. März 1990 in Rumänien nach dem FRG, im Wesentlichen zu 60 v.H.. Auf den Widerspruch ordnete die Beklagte mit Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 26. März 1997 die Zeit vom 1. Juni 1950 bis 31. März 1990 dem Wirtschaftsbereich 3 (Metallurgie) zu, wies den Widerspruch jedoch im Übrigen zurück. Mit Rentenbescheid vom 17. April 1997 stellte die Beklagte die Altersrente neu fest. Eine Klage zum Sozialgericht Regensburg (Az.: S 7 RJ 235/97) nahm der Kläger am 28. Juli 1999 zurück.
Am 29. April 2002 begehrte der Kläger von der Beklagten eine 6/6-Anrechnung und legte verschiedene Nachweise vor. Die Beklagte lehnte den Antrag mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 30. Januar 2004 ab.
Am 19. September 2006 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheides vom 9. November 1996, soweit eine Kürzung auf 60 v.H. vorgenommen wurde. Er verwies auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13. Juni 2006 (Az.: 1 BvL 9/00; 1 BvL 11/00; 1 BvL 12/00; 1 BvL 5/01). Die Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 20. September 2007 zurück. Im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen des gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) vom 20. April 2007 sei in Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG eine vom BVerfG in den genannten Entscheidungen geforderte Vertrauensschutzvorschrift eingefügt worden. Diese Regelung begünstige Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente im Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis zum 30. Juni 2000 begonnen habe. Voraussetzung sei aber, dass über einen Rentenantrag oder über einen bis zum 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30. Juni 2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden war. Der Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides sei rechtswirksam am 19. September 2006 und damit erst nach dem 31. Dezember 2004 gestellt worden. Dem Antrag auf Neufeststellung der Altersrente könne damit nicht entsprochen werden.
Mit Widerspruch vom 9. Oktober 2007 machte der Kläger geltend, aufgrund eines im Jahre 2001 erlittenen Schlaganfalls sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, einen entsprechenden Antrag rechtzeitig zu stellen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 zurück. Die Voraussetzungen des Art. 6 § 4 c FANG seien nicht erfüllt bzw. die Rente habe erst nach dem 30. Juni 2000 begonnen.
Mit der Klage beim Sozialgericht Regensburg begehrte der Kläger, die Rente nach dem FRG mit den nach dem im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz festgesetzten Zuschlägen für die Jahre 1996 bis 2000 zu gewähren. Seine Rente habe vor dem 30. Juni 2000 begonnen. Er legte ferner ein Attest des Dr. F. vor, nach dem er in der Zeit vom 23. Juni bis 4. Juli 2001 in stationärer Behandlung nach frischem Pons-Infarkt gewesen ist. Anschließend sei bis 8. August 2001 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden. Er leide bis heute an den Folgen des damaligen Schlaganfalls.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 13. Juni 2008 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den in Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG in der Fassung des Gesetzes vom 20. April 2007 geregelten abgestuften Zuschlag zu seiner Altersrente, weil er den Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides vom...