Entscheidungsstichwort (Thema)
Schädigungsfolgen. Grad der Schädigung. Wesentliche Änderung. Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen. Auftreten weiterer Gesundheitsstörungen. Wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen Wehrdienst und Gesundheitsstörung. Zeitlicher Zusammenhang. Objektive Beweislast. Granatsplitterverletzung. Schwerhörigkeit. Schulterbeschwerden
Leitsatz (redaktionell)
Lässt sich aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer im Wehrdienst erlittenen Schädigung und einer später auftretenden Gesundheitsstörung nicht hinreichend sicher feststellen, scheidet nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast eine Anerkennung als Schädigungsfolge aus. § 1 Abs. 3 S. 2 BVG findet in einer solchen Konstellation keine Anwendung.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 3, § 31; SGB X § 48
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger wegen einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem höheren Grad der Schädigung (GdS) als bisher zu gewähren ist.
Der 1926 geborene Kläger, der nach eigenen Angaben seit seiner Kindheit unter Ohrenbeschwerden und wiederholten Ohrerkrankungen, so z.B. einer Mittelohrentzündung im Jahre 1943 mit danach stark herabgesetztem Hörvermögen rechts gelitten hatte, wurde am 10.02.1945 im Rahmen seines Wehrdienstes durch Granatsplitter verletzt. Die Verletzung betraf das Gesicht, den rechten Oberarm und die rechte Brustseite; er verlor dabei das rechte Auge.
Bei einer Begutachtung am 14.02.1949 wurden u.a. Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks angefertigt, die einen Granatsplitter in den Weichteilen, sicher extrakapsulär, ergaben. Als Diagnosen wurden ein Totalverlust des rechten Auges durch Granatsplitterverletzung, ein bohnengroßer Granatstecksplitter im Musculus deltoideus rechts und eine Schwerhörigkeit rechts geringen Grades gestellt. Eine Hirnverletzung bestand nicht. Der Erwerbsminderungsgrad wurde insgesamt auf 40 % geschätzt (Augen: 30 %; Hörfähigkeit: 20 %).
Mit Bescheid vom 22.08.1952 wurden als Körperschaden anerkannt:
1. Verlust des rechten Auges durch Splitterverletzung,
2. bohnengroßer Stecksplitter in der Oberarmmuskulatur,
3. Schwerhörigkeit rechts geringen Grades.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde ab dem 01.02.1947 mit 40 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 05.06.1956 wurde die Grundrente für Beschädigte nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. festgesetzt, nachdem sich bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung die Schwerhörigkeit rechts als hochgradig dargestellt hatte. Bei der Begutachtung war die Beweglichkeit des rechten Arms in allen Gelenken frei gewesen.
Bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung am 20.01.1959 klagte der Kläger über ein schlechtes Hörvermögen am rechten Ohr, eine Entzündung der rechten Augenhöhle und öfters Schmerzen am rechten Arm, vielleicht auch vom vielen Schreiben mit der Rechenmaschine.
Die Granatsplitter im Bereich der Schulter wurde bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung im Jahre 1963, bei der auch Röntgenaufnahmen angefertigt wurden, als reizlos in den Weichteilen eingewachsen beschrieben.
Mit Anfechtungsbescheid vom 27.05.1964 wurden die bisherigen Bescheide dahingehend berichtigt, dass die Gesundheitsstörung "hochgradige Schwerhörigkeit rechts" nicht im Sinne der Entstehung, sondern im Sinne der Verschlimmerung anerkannt wurde; der anerkannte Grad der MdE blieb gleich.
Im Jahre 1966 gab der Kläger seit fünf Monaten bestehende Schmerzen in der rechten Schulter und eine Luxation der Schulter an und stellte einen Antrag auf Neufeststellung wegen Verschlimmerung. Eine daraufhin durchgeführte HNO-ärztliche Begutachtung vom 12.10.1966 ergab keine wesentliche Veränderung. Bei einer versorgungs-fachchirurgischen Begutachtung am selben Tag konnten wesentliche Veränderungen nicht festgestellt worden. Radiologisch ließen sich die Stecksplitter weiterhin nachweisen, wobei am Schultergelenk selbst keine Veränderungen, auch keine Arthrose, erkennbar waren. Dass der rechte Arm etwas schwächer als der linke war, wurde damit erklärt, dass der Kläger Linkshänder sei. Die Stecksplitter könnten nicht die Ursache für die in den letzten Jahren aufgetretenen Beschwerden sein. Eine Neufeststellung wurde mit Bescheid vom 24.10.1966 abgelehnt.
Ab 1968 traten beim Kläger mehrfach habituelle - so sein behandelnder Arzt Prof. Dr. F. - Schultergelenksluxationen rechts auf. Am 22.11.1973 beantragte der Kläger, die habituelle Schultergelenksluxation rechts als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen. Am 30.11.1973 - so die Angaben des Klägers - wurde er an der rechten Schulter operiert; es erfolgte eine Verkürzung der Bänder, der bohnengroße Granatsplitter wurde entfernt.
Der Orthopäde Dr. H. sah in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.12.1973 ei...