Leitsatz (amtlich)
Ein Vergleich enthält in der Regel einen materiell-rechtlich wirksamen Verzicht des Klägers auf weitergehende Ansprüche hinsichtlich des von dem Vergleich erfassten Regelungsgegenstandes (Anschluss an BSG, Urteil vom 15.10.1985, Az. 11a RA 58/84, SozR 2200 § 1251 Nr. 115 Ls. 2). Dieser Verzicht kann gemäß § 46 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB I nur für die Zukunft widerrufen werden und ist bis zu diesem Zeitpunkt auch in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X zu beachten.
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Berufung die Bewertung ihrer organischen Störungen mit einem Einzel-Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 rückwirkend seit 1974.
Die 1951 geb. Klägerin stellte am 19.11.2001 erstmals einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung. Mit Bescheid vom 15.03.2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Gesundheitsstörung "Allergie" bedinge keinen GdB von wenigstens 20. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2002 zurückgewiesen. Im dagegen gerichteten Klageverfahren bestellte das Sozialgericht Landshut (SG) die Internistin, Fachärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde und Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen Dr. L. zur Sachverständigen, die im Gutachten vom 27.01.2004 feststellte, dass seit dem 19.11.2001 ein Gesamt-GdB von 40 vorliege, wobei die Leiden bereits seit Jahren bestünden und in den achtziger Jahren begonnen hätten. Folgende Gesundheitsstörungen lägen vor: 1. Psychovegetative Störung mit Ausbreitung durch körperliche Symptome (Einzel-GdB 30), 2. Verlust aller Zähne (Einzel-GdB 20), 3. Blasenschwäche (Einzel-GdB 10), 4. Krampfaderleiden (Einzel-GdB 10), 5. Allergie (Einzel-GdB 10). Im Erörterungstermin vom 27.01.2004 vor dem SG (Az. S 13 SB 499/03 FdV) schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich der Beklagte bereit erklärte, unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2002 bei der Klägerin ab dem 19.11.2001 den Gesamt-GdB mit 40 zu bewerten und die im Gutachten von Dr. L. genannten Beeinträchtigungen anzuerkennen.
Am 04.02.2004 erließ der Beklagte einen Bescheid, wonach in Ausführung des am 27.01.2004 vor dem SG geschlossenen Vergleichs unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2002 ein GdB von 40 ab dem 19.11.2001 anerkannt werde.
Am 17.02.2004 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 04.02.2004 Widerspruch ein mit dem Antrag, den GdB für die Zeit ab dem 19.11.2001 neu zu bewerten. Insbesondere seien eine Hirnleistungsschwäche und eine chronische Entzündung der Hirngefäße (Enzephalitis) als Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen. Dieser Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 19.07.2005 beantragte die Klägerin eine Erhöhung des GdB. Unter der vorgedruckten Frage, welche Gesundheitsstörungen seit der letzten Feststellung neu aufgetreten seien, schrieb die Klägerin handschriftlich: Folgende Gesundheitsstörungen seien "bei der letzten Feststellung" nicht berücksichtigt worden: Stoffwechselstörung, Nickelallergie, Autoimmunerkrankung, Fettstoffwechselerkrankung, offenes Foramen mit toxischer Strahlungsqualität, Ausfälle im Endokrinum, GST-Mangel, bakterielle und Metallherde im Kiefer (oben), Enzephalopathie, Schimmelpilz- und Steinkohlenteer-Allergie, Halswirbelsäulenbeschwerden. Beigefügt waren Unterlagen von Dr.med. S., Dr. F. (Heilpraktiker), sowie des umweltanalytischen Labors Dr. M.. Der Beklagte zog einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. K. sowie des Internisten Dr. V. bei und veranlasste eine Untersuchung durch die Prüfärztin des Beklagten Dr.H. am 31.01.2006.
Mit Bescheid vom 21.02.2006 lehnte der Beklagte den Antrag vom 19.07.2005 ab, den Bescheid vom 04.02.2004 aufzuheben und eine neue Feststellung nach § 69 SGB IX zu treffen. Der Beklagte führte u.a. aus, dass der bisher festgestellte GdB von 40 ausreichend die bestehenden Gesundheitsstörungen berücksichtige. Eine Verschlechterung sei nicht objektivierbar. Den dagegen am 28.02.2006 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2006 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 02.05.2006 beim SG Klage erhoben.
Mit zwei Schreiben vom 02.05.2006 und vom 03.05.2006 hat die Klägerin beantragt, den GdB für die Zeit von 1951 bis zum 18.11.2001 festzustellen. Mit Schreiben vom 04.05.2006 hat sie mitgeteilt, "mit Neuantrag, der mit Inkrafttreten ab 09.02.2004 zu werten ist, sollen meine beiden Schreiben vom 02.05.2006 und 03.05.2006 als widerrufen gelten"; etwaige Gutachten und auf Vergleich beruhende Bescheide seien wegen der nicht umfassenden Einbeziehung aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen "von Geburt an neu zu beurteilen".
Am 16.06.2006 hat sie beantragt, den GdB für den Zeitraum vom 05.0...