Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG München vom 20.8.2019 - L 5 KR 403/19, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.06.2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch in der Berufung.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Freistellung von den Kosten häuslicher Krankenpflege in Form von Medikamentenabgabe, Blutzuckermessungen sowie An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen im Zeitraum vom 23.01.2019 bis 31.03.2019.
1. Die 1935 geborene Klägerin lebt seit 01.02.2017 in der nach § 38a SGB IX ambulant betreuten "Demenz-Wohngemeinschaft K." in A-Stadt. Sie ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und bei der Beigeladenen pflegeversichert. Von Zuzahlungen nach dem SGB V ist sie befreit. Sie erhält von der Beigeladenen Pflegeleistungen nach dem Pflegegrad 4, die in Gestalt von Sachleistungen in Anspruch genommen werden.
Zudem zahlt die Beigeladene auch einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von monatlich 214,00 €. Maßnahmen der Behandlungspflege hat die Beigeladene nicht erbracht. Die Klägerin erhielt bis zum streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten Leistungen der häuslichen Krankenpflege (HKP). Die Beklagte verfügt über keine eigenen Kräfte der HKP und konnte daher diese Kräfte nicht zur Verfügung stellen.
Nach dem Pflegegutachten der Beigeladenen vom 31.10.2018 leidet die Klägerin u.a. an einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit, an chronischer Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, einem Zustand nach Herzschrittmacherimplantation und Diabetes mellitus, der eine intensivierte Insulintherapie dauerhaft erfordert. Sie steht unter Betreuung, als Betreuer ist ihr Sohn bestellt. Zur Behandlung ihrer Erkrankungen ist sie laut ärztlichem Behandlungsplan mehrmals täglich auf mehrere Medikamente angewiesen. Diese einzunehmen ist sie bedingt durch Ihre fortgeschrittene Demenzerkrankung, der damit einhergehenden Aggressivität und Uneinsichtigkeit nicht in der Lage. Aus denselben Gründen kann sie auch die erforderlichen Blutzuckermessungen nicht selbst vornehmen, ebensowenig wie das medizinisch notwendige An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe.
2. Die Klägerin lebt in der Wohngemeinschaft "K." zusammen mit 8 weiteren Personen, mit denen sie nicht verwandt ist. Dem Aufenthalt in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft "K." liegen folgende Verträge zugrunde:
a) Mit Herrn K. N. schloss die Klägerin, vertreten durch ihren Betreuer, einen Mietvertrag vom 15.02.2017 (Mietvertrag), zu dessen Inhalt auf Blatt 33 bis 39 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen wird.
b) Mit der R. GmbH schloss die Klägerin jeweils vertreten durch ihren Betreuer folgende Verträge:
aa) den Vertrag über ambulante pflegerische Leistungen vom 15.02.2017 (Pflegevertrag), zu dessen Regelungen auf Bl. 54 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen wird.
bb) den Betreuungsvertrag für ambulant betreute Wohngemeinschaften vom 15.02.2017 (Betreuungsvertrag) zu dessen Inhalt auf Bl. 55-60 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen wird.
cc) den Hauswirtschaftsvertrag über Leistungen der Verpflegung in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft "K." vom 15.02.2017 (Hauswirtschaftsvertrag), zu dessen Inhalt auf Bl. 61-65 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen wird.
c) Außerdem liegt eine Vereinbarung der Mitglieder der Demenz Wohngemeinschaft (Gemeinschaftsvereinbarung) vor, die nicht unterzeichnet ist. Mit der Gemeinschaftsvereinbarung schließen sich die Mitglieder der Wohngemeinschaft zu einer Gemeinschaft zusammen, die dazu dient das Miteinander der Wohngemeinschaft zu gestalten, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten zu vertreten sowie die Gemeinschaft betreffende Geschäfte abzuschließen. Zum Vereinbarungsinhalt wird auf Bl. 66-67 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
3. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung der Gemeinschaftspraxis C. und S. vom 03.01.2019, Eingang bei der Beklagten am 11.01.2019, beantragte der ambulante Krankenpflegedienst R. GmbH für die Klägerin die Weitergewährung der bis dahin bewilligten HKP in Form von Verabreichen von Medikamenten 4 x täglich/7 x wöchentlich, Blutzuckermessung 3 x täglich/7 x wöchentlich, Injektionen 3 x täglich/7 x wöchentlich und An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen 2 x täglich/7 x wöchentlich für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.03.2019.
Mit Bescheid vom 18.01.2019 wurden Injektionen 3 x täglich/7 x wöchentlich für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.03.2019 genehmigt. Verabreichen von Medikamenten 7 x täglich/7 x wöchentlich, Blutzuckermessung 3 x täglich/7 x wöchentlich und An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen 2 x täglich/7 x wöchentlich wurde letztmalig vom 01.01.2019 bis 22.01.2019 bewilligt. Hierbei handele es sich um einfachste Behandlungspflege im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die in einem Haushalt grundsätzlich von jedem Erwachsenen erbracht we...