Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Verrechnung mit einer Beitragsforderung nach erteilter Restschuldbefreiung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verrechnung mit dem unpfändbaren Teil einer Altersrente ist auch nach erteilter Restschuldbefreiung zulässig.
2. Die Entscheidung über die Niederschlagung einer Forderung ist nicht vom Rentenversicherungsträger im Rahmen der Entscheidung über die Verrechnung, sondern ausschließlich vom Inhaber der Forderung zu treffen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 2. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1942 geborene Kläger wendet sich gegen die Verrechnung seiner Altersrente mit einer Forderung der beigeladenen Berufsgenossenschaft durch die Beklagte.
Seit 01.02.2007 erhält der Kläger eine Altersrente von der Beklagten.
Gegenüber der Beigeladenen bestehen bestandskräftige Beitragsschulden im Gesamtvolumen von 56.307,14 € einschließlich Säumniszuschlägen. Das erste Verrechnungsersuchen gegenüber der Beklagten datiert vom 08.10.2003. Daneben bestanden weitere Forderungen verschiedener Einzugsstellen.
Mit Beschluss vom 23.12.2003 eröffnete das Amtsgericht A-Stadt - Insolvenzgericht - über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren (Az.: xxx). Mit Beschluss vom 04.10.2006 wurde das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung aufgehoben. Mit Beschluss 22.03.2010 wurde dem Kläger Restschuldbefreiung gewährt.
Nach der Bewilligung der Altersrente verfügte die Beklagte zunächst die Verrechnung mit einer Forderung der DAK (Bescheid vom 29.05.2007). Der Kläger, der bereits damals von seinem nunmehrigen Bevollmächtigten vertreten wurde, vertrat die Auffassung, dass der Verrechnung die erteilte Restschuldbefreiung entgegenstehen würde. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass das Insolvenzverfahren keine unmittelbare Auswirkung auf die durchgeführte Verrechnung habe, soweit es um die Verrechnung von Rentenbeträgen über § 850c Zivilprozessordnung hinausgehe. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Im Erörterungstermin über die Berufung vor dem Bayerischen Landessozialgericht am 07.12.2012 (Az.: L 13 R 856/11) wies die Berichterstatterin den Kläger darauf hin, dass die im laufenden Insolvenzverfahren erteilte Restschuldbefreiung einer Verrechnung nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ebenso wenig entgegenstehe wie verfassungsrechtliche Überlegungen. Die Auffassung der Beklagten stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (insbesondere Urteil vom 07.02.2012 - B 13 R 85/09 R). Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten baldmöglichst einen Nachweis über die Berechtigung auf Grundsicherung im Sinne von § 51 Abs. 2 SGB I vorzulegen. Dem kam der Kläger anschließend nicht nach. Zur Durchführung der Verrechnung kam es trotzdem nicht mehr, weil die DAK - wie auch die übrigen Einzugsstellen - im Hinblick auf die erteilte Restschuldbefreiung ihre Verrechnungsersuchen zurücknahm.
Mit Schreiben vom 13.02.2014 teilte die Beigeladene der Beklagten auf Anfrage mit, dass die Forderung in Höhe von 56.307,14 € noch bestehe und an dem Verrechnungsersuchen festgehalten werde. Die Beklagte hörte den Kläger anschließend mit Schreiben vom 05.03.2014 zur beabsichtigten Verrechnung eines Betrages von 250 € aus der laufenden Rente an. Der Kläger wurde aufgefordert, Nachweise für eine Hilfebedürftigkeit vorzulegen oder andere Umstände zu schildern, die für die Entscheidung über die Verrechnung bedeutsam sein könnten. Der Kläger wiederholte lediglich seine Auffassung, dass das Insolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung eine Verrechnung nicht zuließen, da die Forderung dadurch erloschen sei. Mit Bescheid vom 28.05.2014 verfügte die Beklagte daraufhin die Verrechnung in Höhe eines monatlichen Betrages von 250 € aus der Rente von insgesamt 590,82 € monatlich ab 01.08.2014. Die Verrechnung sei zulässig. Insbesondere habe der Kläger eine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage zum Sozialgericht Augsburg (Az. Ursprünglich S 1 R 936/14) hat der Kläger an seiner Auffassung festgehalten, dass die Verrechnung nicht möglich sei, weil damit das Rechtsinstitut der Restschuldbefreiung und die Pfändungsgrenzen umgangen würden. Auch seien die Aufwendungen für seine Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 273,79 € nicht berücksichtigt. Die Frist nach § 114 Insolvenzordnung (InsO) sei bereits abgelaufen.
Nach Beiladung der Berufsgenossenschaft hat diese mit Schriftsatz vom 13.08.2015 zum Verfahren Stellung genommen. Das Verrechnungsersuchen vom 13.02.2014 erfülle die Vorgaben der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 24.07.2003...