Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Familienhelfer. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Familienhelfer nach dem SGB 8 können auch als freiberufliche Mitarbeiter bei den Landkreisen tätig sein.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 3) gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 2008 werden zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner je zur Hälfte. Die Beigeladene zu 3) hat ihre Kosten selbst zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Gegenstandswert wird auf EUR 54.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladenen zu 3) bis 5) als Familienhelfer im Rahmen der sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) versicherungspflichtig beim Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe beschäftigt waren. Streitgegenständlich sind insoweit Beschäftigungsverhältnisse in den Zeiträumen ab 1999 bis 2000 bzw. 2006.
Der Kläger ist als Landkreis Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 69 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Kinder- und Jugendhilfegesetz - BayKJHG - vom 18.06.1993, gültig bis 31.12.2006; ab 01.01.2007: Art. 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze - AGSG -). Die SPFH stellt eine Maßnahme zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII dar, die zum Ziel hat, Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen durch intensive Betreuung und Begleitung zu unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe zu geben (§ 31 Satz 1 SGB VIII). Es handelt sich um eine intensive Form ambulanter Hilfe für Familien, die sowohl von öffentlichen als auch freien Trägern der Jugendhilfe erbracht werden kann (§ 3 SGB VIII), wobei die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben tragen (§ 79 Abs. 1 SGB VIII).
Für die Sicherstellung der SPFH in seinem Zuständigkeitsbereich hat sich der Kläger bereits in der Vergangenheit eigener festangestellter Fachkräfte und freier Mitarbeiter bedient sowie auch Einrichtungen der Jugendhilfe in freier Trägerschaft, die ihrerseits entweder mit festen oder freien Mitarbeitern tätig sind. Grundlage ist noch heute ein eigenes Konzept des Klägers (Konzept sozialpädagogische Familienhilfe des Landkreises A-Stadt-C-Stadt), das zur Durchführung der SPFH erstellt wurde. Dieses enthält u .a. eine Darstellung der Arbeitsweise der SPFH und der Aufgaben der Familienhelfer, einschließlich der methodischen Ansätze ihrer Arbeit und des Ablaufs einer SPFH. Nach einer dreimonatigen Probezeit und dann in jeweils sechsmonatigen Abständen habe der Familienhelfer Berichte für das Jugendamt zu erstellen. Hingewiesen wird im Konzept weiter auf die Bedeutung von Austausch und Reflexion mit Kollegen, der Teilnahme an Supervisionen, Fortbildungen und regionalen Arbeitskreisen sowie Fachtagungen.
Bei den Beigeladenen zu 3) bis 5) handelt es sich um Diplom-Sozialpädagogen, die ab 1997 bzw. 1998 auf Grundlage befristeter Honorarverträge als Familienhelfer für den Kläger tätig waren. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3) für den Kläger dauerte dabei bis Mai 2006, während die Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) bzw. zu 5) bereits am 22.10.2000 bzw. 30.11.2000 endete. Der Kläger schloss mit den Beigeladenen sogenannte "Vereinbarungen" über die Betreuung einer bestimmten Familie im Rahmen der SPFH. Darin wurde in § 1 geregelt, dass die Tätigkeit im Rahmen einer selbständigen Berufsausübung stattfinden solle. Die Betreuung und Begleitung der Familie habe im Sinne der Konzeption der SPFH des Landkreises zu erfolgen. Im Übrigen könnten die Arbeitsbedingungen frei gestaltet, insbesondere die Einsatzzeiten durch Absprache frei bestimmt werden. Es werde ein Bruttohonorar 60,00 DM pro abrechenbarer Stunde bei monatlicher Ausbezahlung geleistet (später 34,00 Euro). Festgelegt wurde auch, welche Tätigkeiten der Honorarrechnung zugrunde gelegt werden konnten bzw. welche Tätigkeiten nicht selbständig abrechenbar waren (z. B. schriftliche Arbeiten, Supervision und Praxisberatung und grundsätzlich Fahrzeiten). Pro Monat und Familie seien bis zu 60 Stunden abrechenbar (§ 2, später 100 Stunden). Es würden Gruppensupervisionen und interne Fortbildung als Serviceleistungen angeboten. Der hierfür entstehende Zeitaufwand werde nicht vergütet. Für die Versteuerung der Honorare habe die Honorarkraft selbständig Sorge zu tragen, Ansprüche auf Erholungsurlaub und Ansprüche im Krankheitsfall bestünden nicht. Auch übernehme der Landkreis keine Haftung für Unfälle während der Vertragserfüllung (§ 3). Eine Berichtspflicht wurde zunächst im halbjährlichen Abstand sowie zum Abschluss der Maßnahme in § 4 geregelt. Ab 20...