Entscheidungsstichwort (Thema)
Belegärztliche Leistung. zulässige Entfernung zwischen Wohnung, Praxis und Krankenhaus. ärztliche Kooperationsform
Leitsatz (amtlich)
Bei der Entscheidung über eine Belegarztanerkennung ist bei der Prüfung der Voraussetzung der ausreichenden Nähe des Arztes zum Belegkrankenhaus iSv § 39 Abs 5 Nr 3 BMV-Ä neben der Erreichbarkeit innerhalb von ca 30 Minuten auch das Vorliegen einer für die Belegarzttätigkeit relevanten Kooperationsform mit anderen Ärzten zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Belegarztanerkennung des Klägers für das I. Klinikum B-Stadt.
Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) tätig, seine Zulassung bezieht sich auf den Standort A-Straße, A-Stadt (Planungsbereich LK A-Stadt). Die Berufsausübungsgemeinschaft des Klägers hat ihre Hauptbetriebsstätte in der B-Straße in B-Stadt. Zwei der Praxispartner des Klägers, Dr. K. und Dr. S., Orthopäden, sind als Belegärzte bereits im I. Klinikum B-Stadt tätig.
Der Kläger schloss mit dem Träger des I. Klinikums, der I. Kliniken GmbH, einen Belegarztvertrag. Nach § 1 Abs. 4 des Vertrages soll die Tätigkeit als Belegarzt im Sinne eines kooperativen Behandlungssystems erfolgen.
Mit Antrag vom 14./18.12.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung als Belegarzt im I. Klinikum B-Stadt (Planungsbereich SK B-Stadt) ab dem 01.01.2017. In dem Antrag hat der Kläger angegeben, dass das Krankenhaus von seinem Hauptwohnsitz 5 km und durchschnittlich 10 Minuten entfernt sei. Er versicherte darüber hinaus, dass bei seiner Abwesenheit der Bereitschaftsdienst für die Belegpatienten durch die Anwesenheit angestellter Ärzte sichergestellt sei und zusätzlich zu dem Bereitschaftsdienst die möglicherweise erforderliche Rufbereitschaft durch ihn selbst sichergestellt werde. Dem Antrag beigefügt war eine Erklärung des Krankenhausträgers, dass dem Kläger ab dem 01.01.2017 in der Abteilung Orthopädie insgesamt bis zu fünf Belegbetten zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit zur Verfügung stünden.
Die Beigeladene zu 1) hat mit Schriftsatz vom 23.12.2016 - auch im Namen der Beigeladenen zu 2) bis 6) - dem Antrag des Klägers auf Anerkennung als Belegarzt für das I. Klinikum nicht zugestimmt. In der Sitzung des Zulassungsausschusses Oberbayern vom 14.12.2016 sei der Kläger als Vertragsarzt ausschließlich für den Standort A-Straße in A-Stadt zugelassen worden. Nach hiesigen Feststellungen betrage die Entfernung zwischen A-Stadt, A-Straße (Filiale) und B-Stadt, C-Straße (Krankenhaus) ca. 42 km, woraus eine kalkulierte Fahrzeit von ca. 39 Minuten habe ermittelt werden können. Eine unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der Belegpatienten scheine daher nicht gewährleistet zu sein, so dass die Voraussetzungen für eine Belegarztanerkennung nicht erfüllt seien.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 05.01.2017 den Antrag des Klägers auf Anerkennung der belegärztlichen Tätigkeit abgelehnt. Die Anerkennung als Belegarzt setze gem. § 40 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) die Zustimmung der Krankenkassenverbände in Bayern voraus. Dieses Einvernehmen habe nicht hergestellt werden können. Als Belegarzt sei gem. § 39 Abs. 5 Nr. 3 BMV-Ärzte ein Arzt nicht geeignet, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet sei. Da der Arzt mehrere Betriebsstätten habe, gelte dies für die Betriebsstätte, in welcher hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt werde. Hierfür sei allein die benötigte Fahrzeit maßgeblich. Diese sei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bei max. 30 Minuten anzusetzen. In der Sitzung des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern am 14.12.2016 sei der Kläger als Vertragsarzt ausschließlich für den Standort A-Straße, A-Stadt, zugelassen worden, an dem die hauptsächliche Tätigkeit ausgeübt werde. Der Kläger habe in dem Antrag, ausgehend vom Standort B-Stadt, B-Straße, als Entfernung zum Krankenhaus in der C-Straße, B-Stadt, 5 km mit einer Fahrzeit von 10 Minuten angegeben. Nach den Feststellungen der Krankenkassenverbände betrage die Entfernung zwischen dem hauptsächlichen Tätigkeitsort in A-Stadt, A-Straße, und B-Stadt, C-Straße (Krankenhaus) jedoch ca. 42 km, woraus eine kalkulierte Fahrzeit von ca. 39 Minuten habe ermittelt werden können. Durch diese große räumliche Entfernung sei die persönliche unverzügliche Versorgung der stationär zu betreuenden Patienten nicht gewährleistet.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 23.01.2017, der mit Schriftsatz vom 06.02.2017 näher begründet wurde. Zum Sachverhalt ...