Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Beschränkung des Streitgegenstands. Beweiserhebung und -würdigung. Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. mehrere Krankheiten. Vollkost. Versagung wegen fehlender Mehrkosten. Niereninsuffizienz. Laktoseintoleranz
Leitsatz (amtlich)
Zu Sachermittlung und Beweiswürdigung bei Streitigkeiten über ernährungsbedingten Mehrbedarf.
Orientierungssatz
Zur Zulässigkeit der Begrenzung des Streitgegenstandes auf die Frage, ob ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung gem § 30 Abs 5 SGB 12 besteht.
Normenkette
SGB XII § 30 Abs. 5
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII zusteht.
Der im Jahre 1946 geborene, ledige und allein lebende Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger iranischer Abstammung, erhält seit dem 01.04.2010, ergänzend zu einer Rente, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Bis zum 31.03.2011 berücksichtigte die Beklagte einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 77,-- Euro im Hinblick auf eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz.
Am 03.06.2010 unterzog sich der Kläger einer Nierentransplantation im Iran.
Mit Bescheid vom 09.03.2011 setzte die Beklagte die dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2011 bis 31.03.2012 zustehenden Leistungen fest; dabei berücksichtigte sie keinen Mehrbedarf mehr.
Gestützt auf ein ärztliches Kurzgutachten ihres Referats für Gesundheit und Umwelt (Dr. B. ) vom 11.04.2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2011, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 25.05.2011, die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ab.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die am 03.06.2011 beim Sozialgericht München (SG) eingegangene Klage. Der Kläger hat ausgeführt, er sei heute in sehr viel stärkerem Maße auf eine gesunde Kost angewiesen, als vor seiner Operation. Um seine Gesundheit zu erhalten, sei eine "Bio-Diät" erforderlich. Das SG hat Befundberichte eingeholt, insbesondere auch einen solchen von Dr. C., dem behandelnden Nephrologen des Klägers. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat eine weitere Stellungnahme ihres Referats für Gesundheit und Umwelt (Dr. B. ) vom 08.02.2012 vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24. Juli 2012 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig. Dem stehe insbesondere nicht entgegen, dass der Mehrbedarf, über den die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden entschieden habe, streng genommen keinen isolierten Anspruch darstelle, sondern lediglich ein Anspruchselement, bezogen auf die dem Kläger gewährte Grundsicherung. Bestehe jedoch, wie hier, ein laufender Anspruch auf Grundsicherung, so könne man zugunsten des Klägers von der Zulässigkeit einer Entscheidung über die Gewährung eindeutig abgrenzbarer weitergehender Leistungen in Form eines "Mehrbedarfszuschlags" (und einer entsprechenden Klage) ausgehen.
Die Klage sei jedoch nicht begründet. Der Kläger benötige in dem hier streitigen Zeitraum (ab 01.04.2011) keine besondere Kostform. Ausreichend sei vielmehr eine ausgewogene Mischkost ("Vollkost"), welche einer gesunden Normalkost entspreche; diese könne, bei preisbewusster Einkaufsweise, aus dem Regelsatz eines Alleinstehenden finanziert werden (siehe die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl. 2008, S. 19). Die entsprechende, schlüssige und überzeugende Einschätzung von Dr. med. B. aus ihren gutachtlichen Stellungnahmen vom 11.04.2011 und vom 08.02.2012 werde durch die Ergebnisse der gerichtlichen Ermittlungen bestätigt. Danach benötige der Kläger eine "cholesterin- und purinarme Kost" (Entlassungsbericht vom 10.11.2010); erforderlich seien weiter eine "dünndarmresorbierbare, keimfreie Kost", sowie eine "fettarme, salzreduzierte" Ernährung (Dr. med. C.). Dies bedinge jedoch nicht die Einhaltung einer speziellen Kostform. Vielmehr sei für die Vermeidung einer übermäßigen Zufuhr von tierischem Fett, Salz und Zucker die genannte Vollkost ideal (vgl. die o. g. Empfehlungen, Seite 16). Die ärztlich empfohlene keimarme Ernährung beinhalte vor allem den Verzicht auf ungewaschenes Obst und Gemüse, Rohmilchprodukte und nicht durchgegartes Fleisch (siehe die Stellungnahme von Dr. med. B. vom 08.02.2012).
Auch der Kläger selbst habe in der mündlichen Verhandlung am 24.07.2012 nicht überzeugend darzulegen vermocht, welche besondere Kostform er aus seiner Sicht benötige. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aus medizinischen Gründen zwingend auf "Bio-Produkte" angewiesen sei, wie er in seinem Widerspruchsschreiben geäußert habe, ergäben sich weder aus den St...