Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache. Kosten des Beschwerdeverfahrens. keine Kostenentscheidung

 

Orientierungssatz

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten ist gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 127 Abs 2 S 2 ZPO nicht statthaft, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht statthaft ist, weil die Berufungssumme nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht erreicht ist.

2. § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ist keine abschließende Regelung für den Ausschluss der PKH-Beschwerde

3. Nach § 127 Abs 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet. Eine Kostenentscheidung ist daher nicht erforderlich.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 04. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 26.05.2008 kündigte der Stromversorger dem Antragsteller die Unterbrechung der Versorgung mit elektrische Energie an, weil ein Zahlungsrückstand von 295,98 EUR bestehe. Der Antragsteller stand im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II. Er beantragte umgehend bei der Antragsgegnerin die Übernahme dieser Schulden.

Am 02.06.2008 stellte der Antragsteller, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der Stromschulden und beantragte zugleich Prozesskostenhilfe.

Aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts A-Stadt wurde die Stromversorgung am 02.06.2008 wieder hergestellt.

Mit Beschluss vom 04.06.2008, Aktenzeichen S 10 AS 448 08 ER, lehnte das Sozialgericht Regensburg den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Da der Antragsteller wieder über Strom verfüge, fehle es am Anordnungsgrund. Im selben Beschluss wurde der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt.

Am 10.06.2008 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg in der Sache und wegen der Ablehnung von Prozesskostenhilfe erhobenen. Die Beschwerde in der Sache wurde mit Beschluss vom 03.08.2008, Aktenzeichen L 7 B 495/08 AS ER als unzulässig verworfen, weil der erforderliche Beschwerdewert von 750,- Euro nicht überschritten werde.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss zur Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist als unzulässig zu verwerfen, weil in der Hauptsache der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht überschritten wird.

Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) können ungünstige Beschlüsse des Sozialgerichts zur Gewährung von Prozesskostenhilfe, insbesondere eine Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussicht, mit einer Beschwerde angefochten werden. Gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO gilt dies jedoch nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache eine Berufung ausschließt. Dies ist eine andere Bestimmung im Sinn von § 172 Abs. 1 SGG.

Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGG ist eine Berufung statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands einer Klage, die auf eine Geldleistung gerichtet ist, 750,- Euro übersteigt, sofern nicht eine laufende Leistung für mehr als ein Jahr betroffen ist. Da der Wert des Beschwerdegegenstands der Hauptsache lediglich 295,89 Euro beträgt, wird der Berufungsgrenzwert von 750,- Euro nicht überschritten. Damit ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO nicht statthaft.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.06.2008, L 9 B 117/08 AS, wonach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine abschließende Regelung für den Ausschluss der PKH-Beschwerde sei. Nach dieser Regelung ist eine Beschwerde ausgeschlossen, wenn eine Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausschließlich wegen Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen erfolgt. Diese Vorschrift regelt einen anderen Ausschlussgrund, der inhaltlich von § 127 Abs. 2 S.2 ZPO abweicht (dort schwer lesbar doppelt verneint), ist aber nicht als abschließende Regelung für Beschwerdeausschlüsse aus anderen Gründen zu sehen. Dies zeigt § 172 Abs. 1 SGG der auf andere Bestimmungen zum Beschwerdeausschluss verweist. Es wäre auch schwer vorstellbar, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444) durch die Einführung von § 172 Abs. 3 SGG die Sozialgerichtsbarkeit entlasten wollte (so BT-Drs. 16/7716, S. 1 und 2) und zugleich den Beschwerdeausschluss wegen Unterschreiten des Berufungsbeschwerdewertes nach § 127 Ab...

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