Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Anfechtungsbefugnis für niedergelassenen Vertragsarzt im Wege einer defensiven Konkurrentenklage gegen Filialtätigkeitsgenehmigung
Orientierungssatz
Einem im örtlichen Umfeld niedergelassenen Vertragsarzt, der im wesentlichen die gleichen Leistungen erbringt, kommt gegen eine Filialtätigkeitsgenehmigung nach § 24 Abs 3 S 1 Ärzte-ZV grundsätzlich keine Anfechtungsbefugnis im Wege einer defensiven Konkurrentenklage zu. Im Falle der willkürlichen Erteilung einer Filialtätigkeitsgenehmigung kann jedoch ausnahmsweise eine Anfechtungsbefugnis bestehen.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.12.2007 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beigeladenen. |
III. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Die Kläger begehren mit ihrer defensiven Konkurrentenklage die Aufhebung der den Beigeladenen gem. § 24 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erteilten Filialtätigkeitsgenehmigungen.
Die Kläger zu 1. und 2. sind als Ärzte für Orthopädie, der Kläger zu 3. als Arzt für Rehabilitative Medizin in A-Stadt, Landkreis R. (Planungsbereich R.), in örtlicher Berufsausübungsgemeinschaft (i.f. BAG) vertragsärztlich tätig. Der Planungsbereich ist seit längerem wegen Überversorgung gesperrt. Die Beigeladenen zu 1. und 2. sind ebenfalls als Orthopäden in örtlicher BAG (Dr. Th. Jobsharing-Partner des Dr. B) vertragsärztlich tätig, aber für in der Gemeinde F-Stadt (Planungsbereich S.) gelegene Vertragsarztsitze zugelassen.
Im Hinblick auf die Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (i.f. Ärzte-ZV) stellten die Beigeladenen jeweils einen Antrag auf Genehmigung einer Filialtätigkeit gemäß § 24 Abs.3 Ärzte-ZV. Als Filialsitz benannten sie eine konkrete Anschrift in R.. Sie gaben an, die Filialpraxisräumlichkeiten zusammen mit Herrn Dr. K, einem in der Gemeinde B. (Planungsbereich S.) zugelassenen Orthopäden, gemeinsam nutzen zu wollen, sofern dieser ebenfalls eine parallel beantragte Filialtätigkeitsgenehmigung erhalte.
Mit Datum vom 31. Januar 2007 erteilte die Beklagte beiden Beigeladenen jeweils einen Genehmigungsbescheid, in dem sie die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit im Rahmen einer Filiale am Standort A-Stadt genehmigte. Der Umfang der Filialtätigkeit wurde sachlich-inhaltlich nicht beschränkt. Dagegen enthalten die Bescheide allgemein gehaltene Widerrufsvorbehalte.
Mit dem am 25. April 2007 eingegangenen Widerspruch wandten sich die Kläger gegen diese Filialtätigkeitsgenehmigungen. Sie tragen vor, dass der Planungsbereich wegen erheblicher Überversorgung gesperrt und auch die Gemeinde A-Stadt, die mit Eingemeindungen lediglich 15.000 Einwohner zähle, mit fünf bzw. sechs Orthopäden fachärztlich deutlich überversorgt sei. Im Übrigen bestünden zumindest in ihrer Praxis infolge der vor kurzem erfolgten Aufnahme eines neuen Partners (Klägers zu 3.) keine Wartezeiten mehr. Die Hälfte der Patienten würde bei ihnen ohne Termin akut versorgt.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führt der Bescheid aus, dass durch die Filialtätigkeit die dortige Versorgung verbessert würde. Eine Bedarfsprüfung sei nicht mehr erforderlich. Daher bestehe ein Rechtsanspruch der Antragsteller auf Genehmigung der Filiale. Die Verbesserung der Versorgung erfolge zum einen durch zusätzliche Leistungsangebote, wie operative sowie neuraltherapeutische Verfahren, u.a. in Kooperation mit Ärzten anderer Fachrichtungen. Zum anderen könnten im Einzugsbereich der Filiale von 20 bis 25 km die von Patienten geschilderten Wartezeiten bei den dort vertragsärztlich tätigen Orthopäden, insbesondere auch bei akuten Notfällen verkürzt werden. Ferner sei eine Verbesserung auch in der Kooperation mit der Praxis von Herrn Dr. K. in Form einer 24-Stunden-Notfallversorgung für akute Patienten und Notfälle zu sehen. Konkrete Angaben hierzu unterlägen dem Datenschutz. Die weitere Voraussetzung der Aufrechterhaltung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz sei ebenfalls erfüllt.
Dagegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben. Eine Anfechtungsberechtigung sei gegeben, da § 24 Abs.3 Ärzte-ZV drittschützend wirke. Der Norm sei ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interesse derer zu entnehmen, die schon eine Position am Markt inne hätten. Bei der Nebenbetriebsstättengenehmigung handele es sich um eine Ausweitung der vertragsärztlichen Tätigkeit, die eine bereits erteilte Zulassung voraussetze. Sie sei nachrangig ausgestaltet und dürfe nur erteilt werden, wenn die Versorgungssituation am Filialort verbesserungswürdig sei. Durch die enge Bindung an die Zulassung sei die Genehmigung zum Betrieb einer weiteren Betriebsstätte im Verhältnis zur Zulassung als untergeordnet zu verstehen. Auch ergebe die Bindung der Zulassung...