Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufhebung der Leistungsbewilligung. Nichtvorliegen einer wesentlichen Änderung. Vermögensberücksichtigung. unbebautes Grundstück. Erhöhung des Verkehrswertes. Verminderung des Vermögens durch Schuldentilgung. keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur Einkommensberücksichtigung. Freibetragsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Erhöht sich der Wert des Vermögens während eines Bewilligungszeitraums kann eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nur für die Monate erfolgen, in denen der Vermögenswert tatsächlich über dem Vermögensfreibetrag liegt. Sinkt der Vermögenswert vorliegend aufgrund der Tilgung von Schulden wieder soweit ab, dass Hilfebedürftigkeit eintritt, sind die Leistungen für die folgende Zeit zu belassen. Die Anwendung der Rechtsprechung über die Verteilung einer einmaligen Einnahme und die Unbeachtlichkeit eines anderweitigen Verbrauchs der Einnahme ist auf die Vermögensprüfung nicht übertragbar.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1, 4; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 21.08.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung der für die Zeit vom 01.09.2013 bis zum 31.10.2013 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen des Zuflusses eines Erlöses aus einem Grundstücksverkauf sowie die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 1.081,08 €.
Der Kläger beantragte beim Beklagten am 23.05.2013 die Bewilligung von Alg II. Er wohne in einer Eigentumswohnung und sei Eigentümer eines unbebauten und unverpachteten Grundstücks (Ackerland mit 1.110 qm). Mit Bescheid vom 18.06.2013 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.05.2013 bis 31.10.2013 iHv monatlich 382 €. Am 24.06.2013 ging bei ihm eine gutachterliche Stellungnahme zum Wert des Ackerlandes ein, wonach dieses mit 5 € je qm anzusetzen sei. Der Kläger verkaufte das Grundstück am 19.07.2013 für 14.500 €); der Erlös floss ihm am 06.08.2013 zu. Nach eigenen Angaben bezahlte er hiervon eine Rechnung des Landhotels K. GmbH iHv 5.000 € in bar und zahlte am 13.09.2013 ein Privatdarlehen iHv 4.600 € zurück.
Nach entsprechender Anhörung hob der Beklagte mit Bescheid vom 13.01.2014 die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 auf und forderte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 1.081,08 € (Alg II, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge). Der Kläger habe grob fahrlässig Änderungen in seinen Verhältnissen nicht mitgeteilt bzw. Einkommen und Vermögen erzielt. Zudem sei er noch in Besitz eines Grundstücks in S-Stadt, dessen Wert der Gutachterausschuss mit 4.350 € bewertet habe. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger aus, er habe zum 01.09.2013 nicht über ein Vermögen verfügt, welches den Freibetrag von 9.900 € überschritten hätte. Ein anderes Grundstück habe er schon lange nicht mehr besessen. Das Amtsgericht B-Stadt - Grundbuchamt - bescheinigte unter dem 16.01.2014, dass für den Kläger im Grundbuchbezirk B-Stadt keinerlei Grundbesitz eingetragen sei. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2014 zurück.
Auf die vom Kläger dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 21.08.2014 den Bescheid des Beklagten vom 13.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 aufgehoben. Das Vermögen des Klägers habe den maßgeblichen Vermögensfreibetrag von 9.900 € im streitgegenständlichen Zeitraum nicht überschritten. Nachdem noch im August Schulden iHv 5.000 € getilgt worden seien, habe zu Beginn des Monats September nur noch ein Guthaben iHv 9.321,70 € bestanden. Anders als bei der Anrechnung von Einkommen sei eine Schuldentilgung bei der Berücksichtigung von Vermögen beachtlich. Vermögen sei stets zu berücksichtigen, solange es nicht verwertet und im jeweiligen Verbrauchszeitraum noch existent sei. Umgekehrt müsse deshalb auch ein Absinken des Vermögens unter die Schongrenze während eines bereits laufenden Bewilligungszeitraums Berücksichtigung finden. Allenfalls komme ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht, wenn die Schuldentilgung missbräuchlich gewesen sei.
Dagegen hat der Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Einer bedarfsmindernden Berücksichtigung des Vermögens stehe die Schuldentilgung nicht entgegen. Offene Schulden seien schon deshalb unerheblich, da das über dem Freibetrag liegende Vermögen zunächst zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Schulden sollten nicht mittelbar vom Sozialleistungsträger getilgt werden. Eine freiwillige Schuldentilgung müsse wegen der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge außer Betracht bleiben. Eine Abweichung komme nur in Betracht, wenn die zukünf...