Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahl. Nichtberücksichtigung des Unterkunftskostenanteils des Kindes wegen Internatsunterbringung während einer Berufsvorbereitungsmaßnahme. Leistungsausschluss für Auszubildende. Darlehen wegen besonderer Härte gem § 27 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn der Träger der Arbeitsförderung eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme mit internatsmäßiger Unterbringung nach §§ 112 ff SGB 3 fördert, ist dieser nicht verpflichtet, auch die Kosten der bisherigen Wohnung zu übernehmen.
2. Es kann ein Anspruch gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Übernahme der Aufwendungen der bisherigen Wohnung in Form eines Darlehens nach § 27 Abs 4 S 1 SGB 2 wegen eines besonderen Härtefalls bestehen, wenn der Leistungsausschluss eine schon greifbare Verbesserung der Chancen auf eine selbsttragende Erwerbstätigkeit bedroht.
Normenkette
SGB II § 27 Abs. 4 S. 1, Abs. 3, 2, § 7 Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 4, Abs. 5-6, §§ 7a, 8, 21 Abs. 6, 4, § 16 Abs. 1 S. 3; SGB III §§ 112, 51, 127 Abs. 1, § 128; SGB IX § 33 Abs. 8 S. 1 Nr. 6; WoGG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 3 Abs. 5 Nr. 2, § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 8 Abs. 1; SGB X § 104; Alg II-V § 1 Abs. 1 Nr. 11
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung und Anschlussberufung wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. Juli 2014 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2013 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11.09.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 16.09.2013 und des Änderungsbescheids vom 23.11.2013 verurteilt, dem Kläger für die Zeit von 09.09.2013 bis 28.02.2014 ein Darlehen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage und wird die Anschlussberufung abgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob den Klägern und Berufungsklägern in der Zeit von 09.09.2013 bis 28.02.2014 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II zustehen. Strittig ist insbesondere, ob während der Teilnahme des Klägers an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme mit internatsmäßiger Unterbringung ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen der Familienwohnung besteht.
Die Kläger sind kubanische Staatsangehörige. Die 1970 geborene Klägerin ist die Mutter des 1997 geborenen Klägers. Der Kläger besaß in der strittigen Zeit eine Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die Klägerin eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG. Die Kläger bezogen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II vom Beklagten. Für den Kläger wurde Kindergeld von monatlich 184,- € gezahlt.
Für die gemeinsame Mietwohnung von 70 qm Wohnfläche (künftig Familienwohnung) hatten die Kläger ab Juni 2013 insgesamt 426,- € zu zahlen, davon 279,- € Nutzungsgebühr, 74,- € Vorauszahlung für kalte Betriebskosten und 73,- € Vorauszahlung für Heizung. Warmwasser wurde dezentral erzeugt. Im August 2013 erfolgte aus einer Jahresabrechnung eine Erstattung von Betriebskosten in Höhe von 80,84 €.
Der Kläger hat nach einem psychologischen Gutachten vom 12.01.2012 eine Lernbehinderung. Ihm wurde deshalb von der Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) ab 09.09.2013 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 112 ff SGB III ein Berufsvorbereitungslehrgang mit internatsmäßiger Unterbringung in R. gewährt. Mit Bescheid vom 13.09.2013 bewilligte die Beigeladene zu 2 dem Kläger für die Zeit vom 09.09.2013 bis 31.07.2014 Ausbildungsgeld von monatlich 104,- €, Reisekosten für Familienheimfahrten von monatlich 31,- € für zwei Hin- und Rückfahrkarten mit der Bahn und die Lehrgangskosten.
Bereits mit Bescheid vom 19.08.2013 bewilligte der Beklagte nur noch der Klägerin Arbeitslosengeld II für die Zeit von 01.09.2013 bis 28.02.2014, für September 609,21 €, danach monatlich 649,63 €. Neben dem Regelbedarf von 382,- € wurden Mehrbedarfe von 8,79 € für Warmwasser und 45,84 € für Alleinerziehen (12 % des Regelbedarfs) und Unterkunftskosten berücksichtigt. Dabei wurde der Klägerin mit 213,- € monatlich die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten als Bedarf zugerechnet. Wegen der Betriebskostenerstattung wurden für die Familienwohnung im September nur 172,58 € (Hälfte von 426,- € minus 80,84 €) angesetzt. Der Sohn besuche den Berufsvorbereitungslehrgang, seine Leistungsberechtigung könne erst mit dem Bescheid über Ausbildungsgeld geprüft werden.
Die Klägerin erhob Widerspruch, weil der Sohn im Berufsvorbereitungslehrgang nur ein Taschengeld von 104,- € bekomme. Der Sohn sei am Wochenende zu Hause.
Mit Änderungsbescheid vom 11.09.2013 wurden für den Kläger Leistungen für 01. bis 08.09.2013 in Höhe von 75,11 € (8 von 30 Tagen) erbracht, weil er erst ab 09.09.2013 von L...