Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 6. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten streitig, den Bescheid vom 01.04.1996 über die Regelaltersrente des 1925 geborenen Klägers teilweise aufzuheben und Leistungen bereits ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu erbringen.

Der Kläger stellte am 14.09.1995 durch seine damalige und jetzige Bevollmächtigte einen entsprechenden Antrag. Seine Daten waren bis dahin im Versichertenbestand der deutschen Rentenversicherung weder elektronisch gespeichert noch war eine Versicherungskarte ausgestellt.

Mit Bescheid vom 01.04.1996 zahlte die Beklagte dem Kläger ab Beginn des Antragsmonats Regelaltersrente mit einem Zugangsfaktor von 1,285. Der Anwartschaft lagen unter anderem 46 Monate Pflichtbeiträge, 28 Monate militärischen Dienstes und 24 Monate Pflichtbeiträge für Kindererziehung zu Grunde.

Am 08.04.2003 stellte der Kläger unter Berufung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09.04.2002 (Az.: B 4 RA 58/01 R) den Antrag, ihm rückwirkend ab 01.12.1990 bis zum 31.08.1995 Regelaltersrente zu zahlen, den die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2003/Widerspruchsbescheid vom 29.09.2003 ablehnte. Die zitierte Rechtsprechung treffe nicht zu. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nach § 115 Abs. 6 SGB VI bestehe nicht, da die Beklagte bis zur Rentenantragstellung die Daten dieses Versicherungsverhältnisses nicht erfasst gehabt habe.

Mit seiner dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben Klage hat der Kläger behauptet, dass nach einem weiteren Urteil des BSG vom 06.03.2003 (Az.: B 4 RA 38/02 R) ein Rechtsanspruch auf Altersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres entstehe, ohne es dass es eines Antrags bedürfe. Daher sei die Leistung rückwirkend ab Dezember 1990 zu erbringen.

Durch Urteil vom 06.07.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es komme nicht auf die behaupteten Rücknahme- bzw. Herstellungsansprüche an, da nach § 44 Abs. 4 SGB X eine Rückabwicklung längstens für vier Jahre ab dem Überprüfungsantrag - ab 01.05.1999 - erfolgen könne. Der Kläger habe aber bereits viel länger, seit 01.09.1995 Regelaltersrente bezogen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht verweigere sich die Beklagte einer höchstrichterlichen Rechtsprechung. Es sei ihr auch zuzumuten gewesen, ihr Versicherungskartenarchiv rechtzeitig zu überprüfen, und damit den Kläger auf die Rentenantragstellung mit Vollendung des 65. Lebensjahres hinzuweisen. § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht anwendbar.

Der Kläger stellt den Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 06.07.2005 sowie des Bescheides vom 29.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2003 zu verpflichten, den Bescheid vom 01.04.1996 aufzuheben und zu sie verurteilen, ihm Regelaltersrente bereits ab 01.12.1990 zu zahlen.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch ansonsten zulässig, aber in der Sache unbegründet.

Insbesondere kommt ihr zur Zeit noch ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Nach der Behauptung des Klägers, dass ihm ein Zahlungsanspruch ab 01.12.1990 zustehe, ergebe sich trotz Revision seines erhöhten Zugangsfaktors noch fast bis zur Vollendung seines 87. Lebensjahres ein wirtschaftlich günstigeres Ergebnis. Der Kläger erhält zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats seit 10 Jahren und 3 Monaten (insgesamt 123 Monate) monatlich eine um 0,285 Prozent höhere Rente, als sonst ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Das aus Sicht des Klägers entstandene Zahlungsdefizit ist erst in 77 Monaten (6,4 Jahre) weiterer Rentenzahlung kompensiert.

Die Beklagte ist aber nicht zu verpflichten, den Bescheid vom 01.04.1996 aufzuheben. Der Bescheid vom 01.04.1996 bleibt bindend wirksam.

Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird (§ 39 Abs. 1 SGB X). Er bleibt ist, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Lediglich ein nichtiger Verwaltungsakt ist per se unwirksam (§ 39 Abs. 3 SGB X), was auf Antrag festzustellen ist (§ 55 SGG). Dafür liegen aber, wie später noch ausgeführt wird, keine Anhaltspunkte vor.

Die gesetzlichen Voraussetzungen der einzigen, tatbestandlich in Betracht kommenden Durchbrechung der Bindungswirkung, § 44 Abs. 1 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts), liegen nicht vor. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Ein...

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