Entscheidungsstichwort (Thema)

Bundeserziehungsgeld. Härtefallregelung. Nachteil durch Gesetzesänderung

 

Leitsatz (amtlich)

Härtefallregelung nach § 5 Abs 1 S 4 BErzGG idF vom 9.2.2004 ist nicht auf Nachteile durch die Gesetzesänderung ab 1.1.2004 anzuwenden.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21. November 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

In dem Rechtsstreit geht es um Bundeserziehungsgeld (Budget) für das 2003 geborene Kind der Klägerin.

Die Klägerin beantragte am 6. November 2003 Bundeserziehungsgeld für den 1. bis 12. Monat ihres 2003 geborenen Kindes . Vorgelegt wurde ein Steuerbescheid für das Jahr 2002, wonach die Klägerin in diesem Jahr Einkünfte in Höhe von 3.485,00 Euro aus nichtselbständiger Arbeit erzieht hatte und ihr Ehemann Einkünfte in Höhe von 37.792,00 Euro.

Diesem Antrag gab der Beklagte mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung (AVF) N. vom 11. November 2003 statt und gewährte der Klägerin Bundeserziehungsgeld in Höhe von 307,00 Euro für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes sowie 103,00 Euro für den 7. bis 12. Lebensmonat unter Berücksichtigung eines anzurechnenden monatlichen Einkommens in Höhe von 204,00 Euro.

Am 17. Mai 2004 beantragte die Klägerin die Zahlung von Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom 13. bis 24. Lebensmonat des Kindes . Im Steuerbescheid für das Jahr 2003 ist beim Ehemann ein Arbeitslohn aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 40.278,00 Euro ausgewiesen.

Diesen Antrag lehnte das AVF mit Bescheid vom 25. Mai 2004 ab, weil unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes laut Steuerbescheid kein Zahlbetrag verbleibe.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Ehemann Widerspruch eingelegt mit der Begründung, als man im Jahr 2003 zwischen Regelleistung und budgetiertem Erziehungsgeld gewählt habe, habe sich auch für das 2. Lebensjahr ein Anspruch auf Erziehungsgeld ergeben. Da sich nunmehr die Berechnung in wesentlichen Punkten zum Nachteil der Klägerin geändert habe, sei nicht einmal der Mindestsatz an Erziehungsgeld ausbezahlt worden. Denn bei budgetiertem Erziehungsgeld hätte die Klägerin 6 x 460,00 Euro erhalten, also zusammen 2.760,00 Euro. Tatsächlich habe sie im 1. Lebensjahr 6 x 307,00 Euro sowie 6 x 103,00 Euro erhalten, zusammen also 2.460,00 Euro. Nach den Informationsbroschüren des Beklagten stehe ein Erziehungsgeld für das 2. Lebensjahr in Höhe von 1.800,00 Euro zu.

Mit Bescheid des Bayer. Landesversorgungsamtes vom 19. August 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und in der Begründung ausgeführt, das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) sei durch Gesetz vom 17. Februar 2004 für ab dem 1. Mai 2003 geborene Kinder geändert worden. Nach den neuen gesetzlichen Regelungen ergebe sich für das 2. Lebensjahr kein Zahlbetrag mehr. Falsche, unzureichende oder fehlende Informationen über eine zukünftige Gesetzesänderung könnten nicht dazu führen, dass bei der Bearbeitung eines Erziehungsgeldantrags die aktuell gültige Rechtslage unbeachtet bleibe. Das Gesetz sei in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden, unabhängig davon, ob es für den Antragsteller zu Vor- oder Nachteilen führe. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BErzGG sei für die Berechnung des Erziehungsgeldes im 2. Lebensjahr des Kindes das Einkommen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes maßgeblich, hier also in 2003. Sei das Einkommen während des 1. oder 2. Lebensjahres um mindestens 20 % geringer als das Einkommen im entsprechenden Kalenderjahr, werde es auf Antrag neu ermittelt. Im vorliegenden Fall habe sich aufgrund einer Arbeitgeberauskunft nur eine Minderung um 5,02 % ergeben, so dass es bei der Anrechnung der durch Steuerbescheid nachgewiesenen Einkünfte des Ehemanns der Klägerin verbleibe.

Die Klägerin hat dagegen das Sozialgericht Nürnberg (SG) angerufen. In der Klagebegründung ihres Bevollmächtigten wird vorgetragen, hier liege eine unechte Rückwirkung vor, denn vom Gesetzgeber sei in Tatbestände eingegriffen worden, die in der Vergangenheit begonnen hätten, jedoch noch nicht abgeschlossen seien. Die Klägerin habe sich in ihrem Erstantrag auf Erziehungsgeld vom 6. November 2003 für die Regelleistung entschieden. Diese werde für maximal 24 Monate gewährt und zwar zunächst nur für das 1. Lebensjahr. Mit einem Folgeantrag müsse dann für das 2. Lebensjahr Erziehungsgeld beantragt werden. Zum 1. Januar 2004 seien Änderungen des BErzGG in Kraft getreten, die am 17. Februar 2004 neu bekannt gemacht worden seien. Diese Neuregelungen würden beim Zweitantrag für Geburten ab dem 1. Mai 2003 gelten und beträfen damit auch die Klägerin. Die Reform des Erziehungsgeldes habe zu einer drastischen Kürzung geführt, die bei der Antragstellung nicht vorhersehbar gewesen sei. Die Klägerin habe damit rechnen können, dass sie die Regelleistung für die vollen 24. Lebensmonate erhalten werde, soweit sich in ihrer Einkommenssituation nichts Ungewöhnliches verändern...

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