Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Eheähnliche Gemeinschaft. Wohnverhältnisse. Dauer. Finanzielle Unterstützung. Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung. Gesetzliche Vermutung. Beweisantrag. Einkommen. Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer eheähnlichen Gemeinschaft handelt es sich um eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Ob eine eheähnliche Gemeinschaft besteht, ist anhand einer Gesamtbetrachtung zu bewerten.
2. Das Berufungsgericht braucht einem Antrag auf Zeugenvernehmung nicht nachzukommen, wenn der Zeuge bereits in der ersten Instanz im Sinn des Beweisthemas ausgesagt hat.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a, § 9 Abs. 1, 2 S. 2, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3; SGG § 103 S. 2; StPO § 244 Abs. 3, 5
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Das Berufungsverfahren betrifft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 01.01. bis 31.01. und für die Zeit vom 01.09. bis 30.09.2006 hat. Das vorrangige Problem besteht darin, ob K, welche die Lebensgefährtin des Klägers ist, zur Bedarfsgemeinschaft gehörte und somit ihr Einkommen für ihn "einzusetzen" hatte.
Der 1969 geborene ledige Kläger hat einen inzwischen 13-jährigen Sohn, der bei dessen Mutter lebt. Mutter und Sohn leben getrennt vom Kläger. Dem Sohn leistete der Kläger in den streitgegenständlichen Monaten freiwillig Unterhalt in Höhe von 200 EUR monatlich.
Der Kläger lebt mit K zusammen, mit der er nicht verheiratet ist; diese hatte er Anfang 2002 kennengelernt. Zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24.07.2008 hat der Kläger die Kopie einer "Verfügungserklärung" der K vorgelegt, die das Datum "17. Juli 2002" trägt. Darin äußerte sie einen speziellen Wunsch für ihre Bestattung und beauftragte den Kläger, diesen im Fall des vorzeitigen Ablebens zu erfüllen. K wünscht eine Feuerbestattung und im Anschluss daran das Verstreuen der Asche an einem Gipfelkreuz.
K setzte den Kläger als Bezugsberechtigten (für den Todesfall) einer Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall ein. Die Versicherungssumme beträgt 19.171,60 EUR. Die Versicherung begann am 01.10.1986, Versicherungsablauf und Ablauf der Beitragszahlung ist der 01.10.2021. In der "Verfügungserklärung" vom 17.07.2002 wies K darauf hin, der Kläger erhalte die Versicherungssumme zugewandt, damit er ihren Bestattungswunsch finanzieren könne. Die monatliche Beitragsbelastung für K betrug im Januar und September 2006 67,54 EUR. Der Lebensversicherer teilte folgenden Wert der Versicherung zum 01.11.2005 mit: Rückvergütung 3.909,18 EUR, Überschussanteile 3.130,93 EUR, insgesamt 7.040,11 EUR, bisherige Beitragszahlungen 9.639,48 EUR.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht (im Februar 2007) legte der Kläger die Kopie einer schriftlichen Vereinbarung zwischen ihm und K vom 11.09.2003 vor. Darin erklärten beide, sie wollten den jeweils anderen im Fall einer finanziellen Not nicht unterstützen.
Der Kläger und K bewohnen seit Oktober 2002 eine 60,45 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung in der L.str. in A-Stadt. Der Kläger hatte in dieser Wohnung bereits ab 01.05.2001 gelebt, während K vorher eine Wohnung in L. hatte. Die beiden teilen ein Schlafzimmer und nutzen gemeinsam sämtliche Einrichtungsgegenstände. Den Mietvertrag mit den Wohnungseigentümern hat alleine der Kläger abgeschlossen und die Miete wird vollständig von seinem Konto überwiesen. Als Kosten der Unterkunft fiel in beiden streitigen Monaten jeweils eine Grundmiete von 321,79 EUR an, die Garagenmiete betrug jeweils 25,56 EUR, die Betriebskostenvorauszahlung jeweils 76,69 EUR, die Heizkostenvorauszahlung jeweils 33,23 EUR.
Der Kläger arbeitet freiberuflich für die D. als Lehrbeauftragter; er unterrichtet Angehörige der Bundeswehr in elektronischer Datenverarbeitung.
Die ehemalige Arbeitgeberin der K, die Kreissparkasse B-Stadt, hatte für den Monat September 2005 ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt von monatlich 2.225,83 EUR sowie ein Nettoarbeitsentgelt von 1.353,23 EUR bescheinigt. Das Arbeitsentgelt war monatlich konstant. K verlor diesen Arbeitsplatz mit Ablauf des Jahres 2005. In § 2 des entsprechenden Auflösungsvertrages wurde vereinbart, für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalte K eine steuerfreie Abfindung von 2.133,55 EUR; diese sei in einer Summe am 31.01.2006 fällig. Laut Bescheinigung der DAK vom 10.01.2006 erhielt K ab 01.01.2006 Krankengeld von kalendertäglich 44,68 EUR brutto (38,33 EUR netto). Die Krankschrei...