Entscheidungsstichwort (Thema)

Medizinische Rehabilitation. Persönliche Voraussetzungen. Prognose. Erwerbsminderung. Leistungsfall. Ermessen. Begründung. Kostenerstattung. Klageänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Begehrt der Versicherte eine medizinische Rehabilitation, fehlt es aber an den persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI, so ist es im Ergebnis unerheblich, wenn der Rentenversicherungsträger die Ablehnung der Leistung falsch begründet hat.

 

Normenkette

SGB I § 39 Abs. 1 S. 2; SGB V § 13; SGB VI §§ 9, 10 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1, 2 Nr. 3; SGB IX § 9 Abs. 1-2, § 15; SGB X § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, §§ 42-43; SGG § 54 Abs. 1-2, § 99 Abs. 3 Nr. 3, § 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.01.2007; Aktenzeichen B 5 R 96/06 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17.05.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Klage auf Kostenerstattung wird abgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Die 1955 geborene Klägerin stellte am 28.05.2001 - gestützt auf einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. B. u.a. mit der Diagnose einer Schwermetallintoxikation - bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation. Am 25.02.1998 war bereits ein Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt, wegen dessen Ablehnung beim SG München unter dem Az. S 11 RA 1019/99 eine Klage anhängig war.

Mit Bescheid vom 04.07.2001 lehnte die Beklagte es ab, Leistungen zu erbringen, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet sei. Bei den vorhandenen Funktionsstörungen einer depressiven Verstimmung und multipler subjektiver Beschwerden sei im Übrigen eine ambulante ärztliche Behandlung ausreichend. Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründet die Klägerin damit, dass eine spezielle, privatärztliche Therapie erforderlich und eine ambulante Behandlung nicht ausreichend sei. Hierfür angefallene Rechnungen für Medikamente sollten erstattet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2001 wies die Beklagte den Rechtsbehelf zurück. Der Leidenszustand erfordere eine ambulante nerven- und hausärztliche Behandlung, für die die Beklagte nicht zuständig sei.

Hiergegen hat die Klägerin zum Sozialgericht München (SG) Klage unter dem Az. S 11 RA 81/02 erhoben und diese damit begründet, dass eine pflanzliche Ausleitungstherapie im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation in einer Klinik in der Nähe von L. notwendig sei. Wiederholt hat die Klägerin auch später (z. B. mit Schriftsatz vom 26. April 2003) von der Beklagten gefordert, die Kosten für eine Ausleitungstherapie zu übernehmen.

Der Neurologe und Psychiater Dr. C. V. hat am 23.12.2002 im Auftrag des SG ein Gutachten nach Aktenlage erstellt, wonach bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung sowie der Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung mit depressiver und ängstlicher Symptomatik bestehe, die die Erwerbsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf einer Diplom-Ingenieurin für Architektur erheblich mindere. Sinnvoll wäre eine stationäre Behandlung in einer Fachklinik für Psychotherapie und Psychosomatik mit Schwerpunkt für umweltassoziierte Erkrankungen. Allerdings sei ein Erfolg wegen der fehlenden Motivation der Klägerin für eine solche Behandlungsmaßnahme fraglich. Denn sie sei auf eine andere Hypothese der Entstehung ihrer Gesundheitsstörung als einer innerseelischen Ausrichtung fixiert.

Am 23.03.2004 setzte das SG auf Antrag der Beklagten den Rechtsstreit wegen des weiteren Klageverfahrens bis zum Anerkenntnis vom 05.08.2004 im Berufungsverfahren beim Bayer. Landessozialgericht (Az. L 14 RA 233/01) aus. Danach erhielt die Klägerin ab 01.04.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, insbesondere aufgrund eines Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 10.07.2003, wonach nur mehr ein Arbeitsvermögen von vier bis sechs Stunden vorhanden sei. Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit seien nicht erfolgsversprechend, weil die Klägerin aufgrund eines wahnhaften Misstrauens gegenüber psychiatrischen Institutionen dazu nicht bereit sei.

Nach Fortführung des Verfahrens des SG unter dem Az. S 11 R 1866/04, später S 11 R 5866/04, beantragte die Beklagte Klageabweisung, weil jetzt die am 28.05.2001 beantragte Reha-Leistung wegen der vorhandenen Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht mehr indiziert sei. Ihre Erwerbsfähigkeit könne nach dem inzwischen festgestellten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht mehr wiederhergestellt werden. Die Klägerin hat dazu am 09.05.2005 vorgebracht, die Beklagte hätte zumindest damals medizinische Leistungen erbringen oder den darauf gerichteten Antrag an einen zuständigen Träger weiterleiten müssen. Sie beantrage daher die Feststellung, welcher Träger für den Reha-Antrag und die medizinischen Leistungen zuständig sei. Ihren Antrag auf Koste...

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