Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme durch das Bundesversicherungsamt. Eindeutigkeit von Mängelrügen. keine Zulassung der Sentinel-Lymphknotenbiopsie innerhalb eines Disease Management Programms vor der Zulassung durch den G-BA
Orientierungssatz
1. Bei der Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms nach § 137g Abs 1 S 1 SGB 5 hat der Gesetzgeber ein Über-Unterordnungsverhältnis geschaffen und dem Bundesversicherungsamt darin die Befugnis erteilt, die Krankenkassen zu kontrollieren und zu korrigieren. Hat das Bundesversicherungsamt Vorgaben gemacht und ganz konkrete Korrekturen angefordert, so kann nicht erwartet werden, dass der Adressat solcher Weisungen sich nicht darauf verlassen darf, vom Hoheitsträger alles das an Fehlern mitgeteilt zu erhalten, was jener verbessert haben will.
2. Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 21.6.2005, die Sentinel-Lymphknotenbiopsie als RSA-verordnungsfähige Behandlung anzuerkennen, war die Methode genauso wenig innerhalb eines Disease Management Programms zugelassen, wie eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung nach §§ 92, 135 SGB 5 vor ihrer Zulassung durch den G-BA (vgl BSG vom 19.2.2002 - B 1 KR 16/00 R = SozR 3-2500 § 135 Nr 22).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Zulassungsdatum eines strukturierten Behandlungsprogramms (Desease Management Programm - DMP -) für Brustkrebsbehandlung.
Am 16.07.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zulassung des von ihr aufgestellten Behandlungsprogramms “Curaplan Brustkrebs„ gemäß § 137 f Abs.1 Satz 1 SGB V. Beigefügt war dem Antrag der Vertrag zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und der Klägerin vom 01 .04.2004 (im Folgenden: “KV-Vertrag„) sowie eine Rahmenvereinbarung zwischen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. und der Klägerin vom 18.06.2004 (im Folgenden: “Rahmenvereinbarung„). Im KV-Vertrag war in der Anlage 8 in der Rubrik Qualitätssicherung zur Sicherstellung der Axilladissektion bei invasiven Tumorstadium in der Spalte “Qualitätssicherungsindikator„ die Formulierung “möglichst viele Behandlungsfälle mit Entfernung von mindestens zehn Lymphknoten bei Axilladissektion bei allen invasiven Karzinomen (außer Patientinnen in Studien zur Sentinel-Lymphknotenbiopsie)„ - im Folgenden: “SLB„ oder „Klammerzusatz“ - aufgenommen worden. Dieselbe Formulierung fand sich in der Rahmenvereinbarung zur stationären Versorgung in Anlage 5 - Qualitätssicherung. Der Rahmenvereinbarung selbst war vorangestellt, dass der KV-Vertrag vom 01.04.2004 Vertragsgrundlage sei. Am 03.08.2004 kam es zur Nachverhandlung über den KV-Vertrag, die zu einer Streichung des Klammerzusatzes führte, was zusammen mit weiteren Änderungen am 10.09.2004 Eingang in den förmlich vereinbarten Nachtrag zum KV-Vertrag vom 01.04.2004 fand.
Eine Information darüber an die Beklagte erfolgte zunächst nicht, sondern erst Anfang April des Folgejahres. Nicht überarbeitet wurde der Rahmenvertrag mit der Krankenhausgesellschaft.
Am letzten Tag vor Ablauf der gesetzlichen Dreimonatsfrist, dem 15.10.2004, bestätigte die Beklagte den Eingang des Antrages vom 16.07.2004 und monierte Mängel an den Datenflussmodellen, dem KV-Vertrag und dem Rahmenvertrag, die sie im Einzelnen auflistete. Dabei findet sich am Ende der Rügen bezüglich des KV-Vertrages, auf S.7 des genannten Schreibens die Formulierung: “Die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie ist nicht mit der RSAV vereinbar, der Klammerzusatz ist daher zu streichen.„ Dieser Satz fehlt in der Liste der Kritikpunkte bezüglich der Rahmenvereinbarung auf S.7 des genannten Schreibens. Insgesamt seien die Mängel so schwerwiegend, dass die Zulassung/Akkreditierung erst mit dem Zeitpunkt ihrer Behebung erfolgen könne. Im Folgenden kam es zu Telefonaten (so am 23.12.2004), verschiedenem Schriftwechsel unter Einschaltung des Bundesgesundheitsministeriums, während die Klägerin bereits begonnen hatte, ihre Versicherten nach dem Curaplan-Programm behandeln zu lassen.
Mit weiterem Schreiben vom 14.01.2005 betonte die Beklagte erneut die Notwendigkeit bestimmter Änderungen beim Datenfluss und führte aus: “Abschließend weisen wir darauf hin, dass einer Zulassung des von Ihnen zur Zulassung beantragten strukturierten Behandlungsprogramms Brustkrebs für die Region Bayern derzeit ebenfalls die von Ihnen statuierte Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (s. Anlage 8 - Qualitätssicherung - des Vertrages gem. § 83 SGB V zwischen der AOK Bayern und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern) entgegensteht.„ Auch an dieser Stelle war der Rahmenvertrag nicht erwähnt worden. Nach dem klägerischen Vortrag (Schriftsatz vom 31 .10.2008 Bl.1 6) seien daraufhin die Verträge überprüft worden und anlässlich eines Telefonats im April 2005 erst die Bedeutung des Klammerzusatzes für die Klägerin deutlich geworden, so dass am 12.04.2005 der Rahmenvertrag ergänzt und der diskri...