Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Anforderungen an die Annahme eines anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Arbeitslosenversicherung. Parallelität von Arbeitsverhältnisses und Versicherungspflichtverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses.
Orientierungssatz
Allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses begründet für sich genommen noch nicht die Annahme eines Versicherungspflichtverhältnisses im Rahmen der Arbeitslosenversicherung. So ist jedenfalls dann trotz Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ein Versicherungspflichtverhältnis nicht mehr gegeben, wenn den Parteien der Fortsetzungswille hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses fehlt und Arbeitsleistung sowie Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden. In diesem Fall läuft auch die Rahmenfrist als Voraussetzung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld nicht weiter.
Normenkette
SGB III § 137 Abs. 1, §§ 143, 142 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 S. 1; SGB IV § 7 Abs. 1 S. 1
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.08.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von weiteren 180 Kalendertagen.
Am 19.02.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Hierzu gab sie im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 26.02.2015 an, nur noch 25 bis 30 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen. Anlässlich der Anhörung zu einer Sperrzeit machte die Klägerin geltend, Alg sei ab dem 19.02.2015 zu zahlen. In der Zeit von März 2013 bis März 2014 habe die Klägerin - nach eigenen Angaben - eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, ohne jedoch die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses gemäß § 28a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beantragt zu haben. Das zum 01.04.2014 mit der Fa. T. begründete Arbeitsverhältnis sei zum 31.03.2015 gekündigt worden. Einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 zufolge hatten die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund arbeitgeberseitiger (betriebsbedingter) Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.2015 geendet (Ziffer 1 des Vergleichs). Die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien (Ziffer 2 des Vergleiches). Der Arbeitgeber verpflichtete sich, auf Basis einer Bruttomonatsvergütung von 3.075,00 € bis 31.03.2015 die Sozialabgaben zu entrichten (Ziffer 3 des Vergleiches).
Hierauf bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 für die Zeit ab dem 19.02.2015 Alg in Höhe von 22,85 € täglich (bzw. ab 01.03.2015 in Höhe von 18,16 € täglich und ab 01.06.2015 in Höhe von 18,77 € täglich). Die Anspruchsdauer betrage (bis zum voraussichtlichen Ende des Leistungsanspruches am 27.06.2015) 134 Tage.
Die ausgewiesene Anspruchsdauer von 134 Tagen (abzüglich einer Minderung von sieben Tagen wegen des Eintritts einer Sperrzeit im Zeitraum vom 01.12.2014 bis 07.12.2014 infolge einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung; Bescheid vom 26.03.2015) beruhte hierbei auf einem Restanspruch der Klägerin aus einer zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft von 269 Tagen, nachdem die Klägerin hieraus in der Zeit vom 12.10.2012 (Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012) bis 25.02.2013 (Aufhebungsbescheid vom 25.02.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2013) für die Dauer von 135 Tagen Alg bezogen hatte. Dem Leistungssatz (22,85 € täglich/ Steuerklasse I) lag ein Bemessungsentgelt von 53,96 € (= 3/4 aus 71,95 €) zugrunde, das sich aus einem ungekürzten Bemessungsentgelt von 71,95 € ergab, welches noch auf Zeiten einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin in den Zeiträumen vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 (40 Wochenstunden) und 12.10.2009 bis 14.12.2009 (40 Wochenstunden) beruhte, sowie dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrer Arbeitslosmeldung ihre Bereitschaft, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, dahingehend eingeschränkt hatte, eine Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von allenfalls 30 Stunden aufnehmen zu wollen. Zudem rechnete die Beklagte aus einer geringfügigen Beschäftigung der Klägerin (450,00 € brutto monatlich - nach Abzug der dargelegten Werbungskosten und dem Freibetrag von 165,00 €; Aufnahme der Tätigkeit am 01.12.2013) für die Zeit ab dem 01.03.2015 einen täglichen Betrag von 4,69 € (Zahlbetrag: 18,16 €) sowie für die Zeit ab dem 01.06.2015 einen täglichen Betrag von 4,08 € (Zahlbetrag: 18,77 €) als zu berücksichtigendes Einkommen auf den Leistungssatz von 22,85 € an.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die...