Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Gesamt-GdB von 50. Versorgungsmedizinische Grundsätze. Leberentzündung. Ausschluss einer Leberzirrhose. Schuppenflechte. Kontaktallergie auf Terpentin. Vermeidbarkeit im Alltag. Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Medizinische Beweiswürdigung. Primäre biliäre Cholangitis
Orientierungssatz
1. Kann eine Zirrhose ausgeschlossen werden und liegt lediglich eine geringe entzündliche Aktivität der Leber vor, kommt es im Rahmen der Feststellung des Grads der Behinderung (GdB) nach Teil B Nr 10.3.5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 VersMedV) auf die Teilhabebeeinträchtigung am Leben in der Gesellschaft an.
2. Aus einer Kontaktallergie auf Terpentin resultiert keine gravierende Teilhabebeeinträchtigung am Leben in der Gesellschaft im Sinne von § 2 Abs 1 SGB 9, wenn keine berufliche Tätigkeit ausgeübt wird, in der Terpentinexpositionen unvermeidlich sind.
3. Zur GdB-Feststellung im Hinblick auf weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, ua nach Teil B Nr 18.9 (Wirbelsäulenschäden) und Teil B Nr 17.7 (Schuppenflechte).
Normenkette
SGB IX § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1; BVG § 30 Abs. 1, 16; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1949 geborene Kläger begehrt die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).
Auf den Erstantrag vom 10.11.1997 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13.01.1998 einen Grad der Behinderung (GdB) von 20 fest. Berücksichtigt wurden operierte Bandscheibenschäden. Im Widerspruchsverfahren wurde zusätzlich ein psoriasiformes Ekzem bei atopischer Diathese mit Heuschnupfen sowie eine Funktionsbehinderung des Kniegelenkes rechts mit Einzel-GdB-Werten von jeweils 10 berücksichtigt, ohne dass sich der Gesamt-GdB von 20 erhöhte (vgl. Teilabhilfebescheid vom 27.07.1998 und Widerspruchsbescheid vom 18.08.1998).
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 05.10.1999 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 16.02.2000 für die Zeit ab 26.08.1999 einen GdB von 30 fest, weil sich die operierten Bandscheibenschäden auch in Form einer Fuß- und Zehenheberschwäche links manifestiert hatten. Der wegen ständiger Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule samt Bewegungseinschränkung und Schlafstörungen eingereichte Neufeststellungsantrag vom 11.12.2002 wurde mit Bescheid vom 22.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2003 ablehnend verbeschieden. Der Beklagte erachtete einen GdB von 30 unverändert als befundangemessen.
Der Kläger hob mit weiterem Neufeststellungsantrag vom 20.10.2006 eine Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule hervor, die aufgrund der Bewegungseinschränkung auch zu erheblichen Schmerzen geführt hätte. Der Beklagte lehnte auch diesen Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 08.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2007 ab. Ein GdB von 30 sei unverändert befundangemessen für nachstehende Gesundheitsstörungen:
1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, muskuläre Verspannungen (Schulter-Arm-Syndrom), Bandscheibenschäden operiert, Nervenwurzelreizerscheinungen (sensibel) (Einzel-GdB 30);
2. Psoriasiformes Ekzem bei atopischer Diathese mit Heuschnupfen (Einzel-GdB 10);
3. Funktionsbehinderung des Kniegelenkes rechts (Einzel-GdB 10);
4. Sehminderung beidseits (Einzel-GdB 10).
Der Kläger machte mit Neufeststellungsantrag vom 27.07.2010 geltend, dass er zusätzlich an erheblichen Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule leide, außerdem eine Blasenschwäche, einen Nabelbruch, eine Lebervergrößerung und wiederkehrende Pilzerkrankungen bestünde. Zusätzlich leide er an einer Zystenbildung im Darm, einer Nierenfehlbildung sowie einem Tennisarm. Gestützt auf Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. D., des Urologen Dr. N., des Gastroenterologen Dr. E., des Hautarztes Dr. S. und des Neurologen Prof. Dr. K. stellte der Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2010 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 08.02.2011 einen GdB von 40 mit Wirkung ab 27.07.2010 fest. Berücksichtigt wurden nunmehr folgende Gesundheitsstörungen:
1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 30);
2. Psoriasiformes Ekzem bei atopischer Diathese mit Heuschnupfen und Schuppenflechte (Einzel-GdB 20);
3. Magengeschwürsleiden, chronische Magenschleimhautentzündung (Einzel-GdB 10);
4. Sehminderung beidseits (Einzel-GdB 10);
5. Leberschaden (Einzel-GdB 10);
6. Entleerungsstörungen der Harnblase (Einzel-GdB 10);
7. Funktionsbehinderung des Kniegelenkes rechts (Einzel-GdB 10).
Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger den Arztbrief des Prof. Dr. K. vom 07.03.2011 vor, der die neurologischen Ausfäl...