Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessvergleich. Wirksamkeit
Leitsatz (redaktionell)
Unklarheiten in Prozessvergleichen haben in aller Regel nicht die Unwirksamkeit des Vergleichs zur Folge. Vielmehr muss notfalls eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden. Der Vergleich hat auch dann verfahrenserledigende Wirkung, wenn er den Bestimmtheitsanforderungen für die Eignung von Prozessvergleichen als Vollstreckungstitel nicht gerecht wird.
Normenkette
SGG § 101 Abs. 1
Tenor
Es wird festgestellt, dass das Verfahren L 7 AS 264/07 durch Prozessvergleich vom 6. Oktober 2008 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum 01.01.2005 bis 30.09.2006.
Die Klägerin bezieht von 2005 an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten. Wegen der Leistungen für den genannten Zeitraum war es zu einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg gekommen. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2007 ab. In dem darauf folgenden Berufungsverfahren beim Bayerischen Landessozialgericht L 7 AS 264/07 fand am 06.10.2008 ein Erörterungstermin statt.
In dessen Rahmen schlossen die Parteien einen Prozessvergleich, dessen Regelungen die Klägerin im Wesentlichen als "Prozessgewinnerin" ausweisen. Ziffer 1 beinhaltet die Vereinbarungen in der Sache, Ziffer 2 eine Regelung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten. Ziffer 3 dieses Prozessvergleiches enthält folgende Bestimmung:
"Die Parteien sind sich darüber einig, dass damit der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt ist."
Der Vergleich war vom Berichterstatter als Vorsitzenden im Erörterungstermin auf Tonband gesprochen und den Parteien vorgespielt worden. Diese erteilten ihre Genehmigung.
Mit Schriftsatz vom 29.10.2008 hat die Klägerin den Widerruf des Vergleichs erklärt und die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Zur Begründung führt sie aus, der Berichterstatter hätte ihr in unzulässiger Weise ein Widerrufsrecht verwehrt. Der Vergleich sei zu unbestimmt. Der Streitgegenstand sei durch den Prozessvergleich nur teilweise behandelt worden. Sie sei in die Irre geführt worden, indem die Geschäftsstelle ihr vor dem Erörterungstermin versichert habe, es werde nicht über den Rechtsstreit entschieden, weswegen keine vorherige Entscheidung über den von der Klägerin gestellten Prozesskostenhilfeantrag notwendig sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Berufungsverfahren wieder aufzunehmen und es den prozessualen Bestimmungen gemäß, insbesondere unter Wahrung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs, zu betreiben.
Die Beklagte beantragt
festzustellen, dass das Verfahren L 7 AS 264/07 durch Prozessvergleich vom 06.10.2008 erledigt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens der Klägerin mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen ihres Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör der Klägerin ist gewahrt. Dabei ist zu bedenken, dass das Verfahren einen modifizierten, sehr eingeschränkten Streitgegenstand aufweist. Es geht zunächst ausschließlich darum, ob das Verfahren L 7 AS 264/07 durch den Prozessvergleich beendet worden ist oder nicht. Insoweit hat sich die Klägerin vor der mündlichen Verhandlung zweimal ausführlich schriftlich geäußert. Die Notwendigkeit, von einem Rechtsanwalt vertreten zu werden, sieht sie dagegen im Hinblick auf die Sache. So hat sie mit Schriftsatz vom 22.11.2008 vorgetragen, es sei wohl nicht möglich, dass sich ein Rechtsanwalt in der Kürze der Zeit in die umfangreiche Materie einarbeiten könne. Diese Einschätzung mag für die Hauptsache zutreffen. Für das hier vorliegende, gegenständlich modifizierte Verfahren lässt sich indes keine "umfangreiche Materie" feststellen.
Die Klägerin hat mit ihrem Bemühen, die Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 7 AS 264/07 zu erreichen, keinen Erfolg. Dieses hat sich vielmehr durch den im Rahmen des Erörterungstermins am 06.10.2008 geschlossenen Prozessvergleich erledigt.
Der Prozessvergleich hat unmittelbar verfahrenserledigende Wirkung. Er ist wirksam in einem Erörterungstermin geschlossen worden (vgl. dazu, dass auch in einem Erörterungstermin Prozessvergleiche geschlossen werden können, Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 106 RdNr. 15). Insbesondere sind die formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt. Der geschlossene Prozessvergleich ist protokolliert worden, indem der Berichterstatter ihn auf Tonband gesprochen hat. Sodann ist er den Parteien - wegen der Änderungswünsche seitens der Parteien sogar mehrfach - durch Abspielen des Tonbandes vorgespielt wo...