Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag. zu berücksichtigendes Einkommen. tatsächlicher Zufluss von gepfändetem Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Gepfändetes Einkommen fließt iS von § 6a BKGG und § 11 SGB 2 tatsächlich zu.
2. Im Hinblick auf den Mindesteinkommensgrenzbetrag nach § 6a BKGG besteht keine Selbsthilfeverpflichtung, gegen eine unzulässige Pfändung vorzugehen, da es insoweit nur auf den tatsächlichen Zufluss ankommt.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31. März 2008 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 18.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 sowie der Änderungsbescheide vom 15.02.2007 und 29.10.2007 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger auch für die Monate September 2006 bis Januar 2007 Kinderzuschlag in Höhe von 415,00 EUR monatlich bewilligt wird..
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig im Berufungsverfahren ist Kinderzuschlag für die Zeit von September 2006 bis einschließlich Januar 2007.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 sowie der Änderungsbescheide vom 15.02.2007 und 29.10.2007 bis einschließlich August 2006 Kinderzuschlag für seine drei Kinder in Höhe von monatlich 415 EUR. Der Mindesteinkommensgrenzbetrag betrage 986,74 EUR, der mit dem auf der Basis des monatlich zufließenden Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.056,90 EUR nach den Vorschriften für den Kinderzuschlag errechneten bereinigten Einkommen in Höhe von 991,40 EUR überschritten werde.
Gleichzeitig lehnte die Beklagte mit den genannten Bescheiden ab September 2006 bis einschließlich Januar 2007 einen Kinderzuschlag ab mit der Begründung, dass ab September der Mindesteinkommensgrenzbetrag unterschritten werde. Denn ab September 2006 wurde dem Kläger auf sein Konto nur noch Arbeitslosengeld in Höhe von 972,60 EUR ausbezahlt, woraus sich ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 907,10 EUR errechne. Dieses Einkommen läge unter dem Mindesteinkommensgrenzbetrag von 986,74 EUR. Der geänderte Zahlbetrag an Arbeitslosengeld ist auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 21. August 2006 zugunsten des Freistaates Bayern zurückzuführen, wodurch das dem Kläger nach wie vor zustehende monatliche Arbeitslosengeld in Höhe von 1.056,90 EUR wegen Pfändung in Höhe von 84,30 EUR monatlich auf den Zahlbetrag von 972,60 EUR reduziert wurde.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 31. März 2008 mit der Begründung ab, die Mindesteinkommensgrenze von 986,74 EUR würde durch das zufließende Einkommen von 972,60 EUR, bereinigt auf 907,10 EUR unterschritten. Der gepfändete Teil des Arbeitslosengeldes, der in Höhe von 84,30 EUR monatlich an die Staatsoberkasse als Pfändungsgläubiger abgeführt werde, rechne nicht zum Einkommen im Sinne des § 11 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); es fehle insoweit an einem Zufluss von "bereiten Mitteln".
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das für den Kinderzuschlag relevante Einkommen werde durch den aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einbehaltenen Betrag von monatlich 84,30 EUR nicht gemindert. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Kläger freiwillig Zahlungen an seine Gläubiger erbringe oder ob bei ihm gepfändet würde. Gerade im Bereich der Einkommensberechnung nach dem SGB II könne ein Leistungsempfänger sein Einkommen nicht durch Lohnpfändungen zu Lasten der Allgemeinheit herunterrechnen. Außerdem sei zweifelhaft, ob die vom Arbeitslosengeld aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getätigten Abzüge zutreffend berechnet seien. Der verheiratete Kläger habe drei unterhaltsberechtigte Kinder; seine Ehefrau verfüge über kein eigenes Einkommen. Bei einem monatlichen Einkommen von 1.056,90 EUR für die Familie sei eine Pfändung von Sozialleistungen unbillig und unrechtmäßig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 sowie der Änderungsbescheide vom 15.02.2007 und 29.10.2007 zu verurteilen, dem Kläger Kinderzuschlag in Höhe von 415 EUR monatlich für die Zeit von September 2006 bis einschließlich Januar 2007 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass beim Einkommen nach § 11 SGB II nur bereite Mittel berücksichtigt werden könnten, über die der Hilfebedürftige auch frei verfügen könne. Soweit Teile des Einkommens gepfändet würden, fehle es an der Verfügungsmöglichkeit, da der gepfändete Teil der Einkünfte direkt an den Gläubiger überwiesen würde und damit der Kläger den Betrag nicht zur Bestreitung seines Unterhaltes einsetzen könne. Sofern durch...