Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. sofortige Verwertbarkeit eines dinglich gesicherten Forderungsanspruches aus Grundstücksüberlassungsvertrag
Orientierungssatz
Die Verwertung eines dinglich gesicherten Forderungsanspruchs aus Grundstücksüberlassungsvertrag, der spätestens 13 Jahre nach Vertragsabschluss (hier im Jahr 2013) fällig wird, ist bei Abzinsung innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten möglich und ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2. Somit liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs 5 SGB 2 für eine darlehensweise Leistungsbewilligung nicht vor.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 08. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Darlehen oder als Zuschuss zu erbringen hat.
Der ... 1953 geborenen Kläger beantragte erstmals am 02.10.2004 Arbeitslosengeld II. Als Kosten der Unterkunft zahlte er 224,97 Euro Kaltmiete einschließlich Betriebskosten an seine Mutter. Die Wohnung wurde mit Holz beheizt. Als Vermögen gab der Kläger folgende Positionen an:
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- Guthaben Girokonto |
6164,43 Euro, |
- Wertpapierdepot |
1225,66 Euro und |
- Beitragsrückzahlung Unfallversicherung |
8951,20 Euro. |
Die Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung bestand noch. Der Rückkaufswert der Unfallversicherung setzte sich zum 01.06.2005 aus einer Rückgewährleistung von 5728,40 Euro und einer Überschussbeteiligung von 3222,80 Euro zusammen. Bis zum 01.06.2016 sollte die Ablaufleistung der Unfallversicherung bei einer Beitragsfreistellung zum 01.06.2005 auf 18.851,70 Euro ansteigen. Das Guthaben auf dem Girokonto beruhte unter anderem auf der Auflösung eines Sparbuchs am 13.10.2004 mit einer Überweisung von 5094,45 Euro auf das Girokonto. In allen Weitergewährungsanträgen bis zum Ende des strittigen Zeitraums gab der Kläger an, dass sich die Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten.
Dem Kläger wurde vom 01.01.2005 bis 31.08.2005 Arbeitslosengeld II bewilligt. Die Kosten der Holzbeschaffung für die Heizung wurden gesondert übernommen.
Auf Nachfrage legte der Kläger im September 2005 einen notariellen Überlassungsvertrag vom 24.08.2005 vor. Damit übertrug seine im Jahr 1922 geborene Mutter ihrem Sohn W. (Erwerber) drei Grundstücke. Der Erwerber verpflichtete sich, an den Kläger, 55.000,- Euro zu bezahlen, fällig bei Eintritt des Klägers in die gesetzliche Rente, spätestens jedoch innerhalb von 13 Jahren ab dem 24.08.2005. Für den Kläger wurde eine Sicherungshypothek an einem Grundstück in K, Gebäude und Freifläche mit 756 Quadratmetern eingetragen, das zuvor lediglich mit Grundschulden von 15.000 Deutsche Mark belastet war. Der Erwerber verpflichtete sich ferner, seinem anderen Bruder M. innerhalb von vier Wochen 50.000,- Euro zu zahlen. Auf Befragen erklärte der Kläger die im Vergleich zu dem anderen Bruder M. späte Fälligkeit der Zahlung mit einer Lücke in seiner Rentenversorgung.
Die Beklagte bewilligte sodann mit mehreren Bescheiden Arbeitslosengeld II für die Zeit von 01.09.2005 bis 30.04.2007 nur mehr als Darlehen. Die Kosten der freiwilligen Krankenversicherung (monatlich 116,18 Euro) und der sozialen Pflegeversicherung (monatlich 15,08 Euro) wurden darlehensweise übernommen. Die Miete belief sich ab 01.10.2005 auf 210,- Euro Kaltmiete und 113,- Euro Abschlagszahlung für Betriebskosten und Heizung. Der Kläger wurde von der Beklagten mehrmals (z. B. im Bewilligungsbescheid vom 16.12.2005 und mit Schreiben vom 14.03.2006) schriftlich aufgefordert, Bemühungen um den Zugriff auf die vereinbarte Zahlung nachzuweisen. Hierzu legte der Kläger Bestätigungen zweier Banken vom März 2006 vor, dass ein Darlehen in Höhe von 55.000,- Euro, besichert durch eine Sicherungshypothek, nicht gewährt werden könne.
Erstmals mit Schreiben vom 19.12.2006 forderte die Beklagte vom Kläger eine Unterschrift unter eine Abtretungserklärung, wonach dieser seinen Anspruch gegen seine Mutter und seinen Bruder W. auf Zahlung von 55.000,- Euro bis zur Höhe der bis zum Fälligkeitstag an ihn gezahlten Sozialleistungen an die Beklagte abtrete. Er solle sich ferner damit einverstanden erklären, dass die bestehende Sicherungshypothek gelöscht werde und stattdessen eine Sicherungshypothek zu Gunsten der Beklagten eingetragen werde.
Nachdem der Kläger diese Abtretungserklärung verweigerte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.10.2007 den Antrag auf Weiterbewilligung ab 01.05.2007 ab. Die angeforderte Abtretungserklärung sei nicht vorgelegt worden. Die Forderung aus dem Überlassungsvertrag stelle verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II dar. Dieses Vermögen könne nicht sofort verwertet oder verbraucht werden. Deshalb könnten Leistungen ...