Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Erhebung von gesonderten Gebühren. Ziel einer (legitimen) Verhaltenslenkung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Erhebung von gesonderten Gebühren neben den allgemeinen von allen Mitgliedern zu leistenden Beiträgen ist es grundsätzlich auch zulässig, diese nicht nur zur Abdeckung eines erhöhten Verwaltungsaufwandes zu verwenden, sondern damit auch das Ziel einer (legitimen) Verhaltenslenkung zu verfolgen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Februar 2005 aufgehoben.
II. Die Klagen gegen die Honorarbescheide 1/01 und 2/01 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide werden abgewiesen.
III. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten beider Instanzen zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
In diesem Rechtsstreit geht es um die Verwaltungskosten für Manuellabrechner.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin in O. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In seinem Honorarbescheid vom 26. Juli 2001 für das Quartal 1/01 waren unter anderem 2.335,32 DM (4,308 %) Verwaltungskosten für Manuellabrechner ausgewiesen sowie eine Gutschrift für maschinenlesbare Abrechnung in Höhe von 0,2 % bzw. 108,42 DM. Der Kläger hat gegen den Honorarbescheid Widerspruch eingelegt, der sich ausdrücklich nur gegen die Erhöhung der Verwaltungsgebühren für manuelle Abrechner von 3,308 % im Quartal 4/00 auf 4,308 % im Quartal 1/01 richtete. Es dränge sich der Verdacht auf, dass nicht die Kostenkalkulation diese Erhöhung erforderlich mache, sondern das Bestreben, manuelle Abrechner durch überhöhte Verwaltungsgebühren zum PC zu "mobben". Mit dem Kläger als "Altlast" bis 2011 könne man so nicht verfahren. Ein Gerichtsverfahren werde Auskunft darüber geben, wie weit die Beklagte die Schrauben für "fundamentale Anti-PC ler" noch anziehen dürfe.
Im Folgequartal 2/01 wurde im Honorarbescheid vom 24. Oktober 2001 ein Abzug in Höhe von 2.143,45 DM Verwaltungskosten für Manuellabrechner (= 4,308 %) ausgewiesen, sowie eine Gutschrift für maschinenlesbare Abrechnung in Höhe von 99,51 DM (= 0,2 %). Auch dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt.
Die Beklagte hat mit zwei gesonderten aber im Wesentlichen gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 19. Februar 2002 die Widersprüche zurückgewiesen. In der Begründung führte sie aus, nach § 1 Abs.3 der Beitrags-/Umlagen-/Gebührenordnung (BUG) erhebe die Beklagte Gebühren für besondere Verwaltungstätigkeiten. Darunter falle auch die Bearbeitung einer manuell erstellten Abrechnung. Maßgeblich für die Höhe der Beiträge und Gebühren seien der vom Vorstand der Beklagten im Benehmen mit dem Finanzausschuss aufgestellte und von der Vertreterversammlung genehmigte Haushaltsplan und das Kostendeckungsprinzip. Nach dem Grundsatz der verursachergerechten Kostenverrechnung würden Mitglieder, die der Beklagten einen hohen Verwaltungsaufwand verursachten, mit höheren Verwaltungskosten belastet und damit gleichzeitig die weniger aufwendigen Mitglieder entlastet. Die Bearbeitung einer manuell eingereichten Abrechnung sei deutlich zeit- und arbeitsaufwendiger als die eines Kollegen, der mit EDV abrechne. Dies ergebe sich schon aus dem erheblichen Arbeitsaufwand durch das manuelle Einlesen der eingereichten Abrechnungsscheine, das bei EDV-Abrechnern komplett entfalle. Eine in allen Bezirksstellen durchgeführte Analyse habe ergeben, dass der zusätzliche Aufwand zur Bearbeitung einer manuell erstellten Abrechnung durch die dafür erhobenen Verwaltungskostenanteile nicht gedeckt werde. Die Gebühren für die manuell erstellten Abrechnungen hätten zur vollen Kostendeckung gemäß Beschluss der Vertreterversammlung vom 1. September 2000 ab 1. Januar 2001 um einen Prozentpunkt erhöht werden müssen. Nach § 3 Abs.1 BUG betrage die Gebühr für die Bearbeitung einer manuell erstellten Abrechnung, die nicht maschinenlesbar ausgefüllt eingereicht werde, 2 %-Punkte vom Honorar und für die Bearbeitung einer manuell erstellten Abrechnung, die maschinenlesbar ausgefüllt werde, 1,8 %. Dies werde im Honorarbescheid in der Weise vorgenommen, dass zunächst 2 % abgezogen und dann 0,2 % wieder gutgeschrieben würden.
Der Kläger hat gegen beide Honorarbescheide jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, zur Zeit rechneten circa 80 % der bayerischen Vertragsärzte EDV-gestützt ab. Ein sei sicherlich ein legitimes Interesse der KVB-Verwaltung diese strukturelle Veränderung zu beschleunigen und den Anteil der EDV-Abrechner weiter zu erhöhen. Der Kläger sei aber überzeugter EDV-Nichtabrechner, denn das Betreiben einer Kleinstpraxis erfordere nicht den betriebsorganisatorischen Aufwand einer EDV-Anlage, deren Kosten in keinem Verhältnis zum Praxisumsatz stünden. Die in Zukunft beabsichtigte Vernetzung von Ärzten über EDV erfordere weitere...