Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Gründungszuschusses. Bemessung nach zuletzt bezogenem Arbeitslosengeld. Berücksichtigung der Verminderung des Arbeitslosengeldes durch Anrechnung von Nebeneinkommen

 

Orientierungssatz

Der Gründungszuschuss nach § 57 SGB 3 idF vom 20.7.2006 bemisst sich gem § 58 Abs 1 SGB 3 nach der Höhe des zuletzt vom Arbeitslosen tatsächlich bezogenen Arbeitslosengeldes. Eine Verminderung des Arbeitslosengeldes durch Anrechnung von Nebeneinkommen wird daher auch beim Gründungszuschuss berücksichtigt.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2007 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Höhe des Gründungszuschusses. Die 1959 geborene Klägerin, die ab 01.08.2006 arbeitslos war, erhielt von der Beklagten lt. Bewilligungsbescheid vom 03.08.2006 Arbeitslosengeld für 360 Kalendertage ab 01.08.2006 bis 30.07.2007 in Höhe von 1.208,10 EUR. Ab 20.09.2006 wurde ihr Einkommen als Lehrerin (Deutsch für Ausländer) angerechnet, das sie im September in Höhe von 360,00 EUR, im Oktober in Höhe von 660,00 EUR und im November in Höhe von 516,00 EUR erzielte. Zuletzt stellte die Beklagte mit Neufeststellungsbescheid vom 05.01.2007 den Zahlbetrag für Dezember 2006 unter Anrechnung des Nebeneinkommens in Höhe von 600,00 EUR unter Berücksichtigung des Freibetrags von 165,00 EUR auf 773,10 EUR fest.

Am 05.12.2006 beantragte die Klägerin einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Übersetzerin/ Lehrerin ab 01.01.2007. Diesen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2007 für die Zeit vom 01.01.2007 bis 01.10.2007 in Höhe von 1.073,10 EUR.

Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, auf der Grundlage des beanspruchbaren Arbeitslosengeldbetrags von 1.208,10 EUR stehe ihr ein höherer Anspruch zu. Die Beklagte wies den Widerspruch am 30.01.2007 mit der Begründung zurück, die Höhe des Gründungszuschusses orientiere sich lt. Gesetzeswortlaut am zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld (§ 58 Abs 1 SGB III). Beim Bezug von Nebeneinkommen sei der geminderte Arbeitslosengeldsatz maßgebend.

Mit ihrer am 07.02.2007 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihres Erachtens mindere die Anrechnung nach § 141 SGB III nicht den grundsätzlich beanspruchbaren Arbeitslosengeldzahlungsbetrag. Andernfalls werde sie gegenüber nicht nebenerwerbstätigen Arbeitslosen benachteiligt.

Demgegenüber vertrat die Beklagte die Ansicht, der eindeutige Gesetzeswortlaut fordere die Berücksichtigung der tatsächlichen Höhe des Arbeitslosengeldbezugs, abgesehen von gelegentlichen kurzzeitigen Beschäftigungen. Weil auf den Lebensstandard abzustellen sei, könne das Nebeneinkommen nicht unberücksichtigt bleiben. Eigeninitiative des Arbeitslosen sei schließlich rechtlich geboten. Diese Auslegung des § 58 SGB III entspreche der zu § 57 Abs 5 SGB III aF ergangenen Rechtsprechung.

Das Sozialgericht Würzburg hat die Beklagte mit Urteil vom 23.10.2007 verurteilt, den Gründungszuschuss in Höhe von 1.508,10 EUR zu leisten. Die Anwendbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zu § 57 SGB III aF auf § 58 SGB III sei fraglich, da jetzt als Fördervoraussetzung lediglich das Stammrecht genüge und bei ABM-Teilnehmern auf ein fiktives Arbeitsentgelt abgestellt werden müsse. Dies zeige, dass es nicht auf das "zuletzt bezogene" Arbeitslosengeld ankommen könne. Andernfalls würde dies zu Wertungswidersprüchen führen, da das Arbeitsentgelt, das durch eine ABM-Maßnahme erzielt werde, bei der Berechnung keine Rolle spiele. Diese Auslegung hätte auch zur Konsequenz, dass Existenzgründer, die ihre selbstständige Tätigkeit vorerst im Rahmen einer Nebenbeschäftigung weniger als 15 Stunden wöchentlich ausprobieren wollten, von dieser an sich zulässigen Option Abstand nehmen würden, wenn sie einen verminderten Gründungszuschuss befürchten müssten. In diesen Fällen sei bei der Berechnung des Gründungszuschusses auf den ungeminderten Arbeitslosengeldanspruch abzustellen.

Gegen das am 08.11.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.11.2007 Berufung eingelegt und auf den eindeutigen Gesetzestext hingewiesen. Die Förderung sei für den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung des Antragstellers bestimmt, sodass das Abstellen auf den bisherigen Leistungsbezug auch sachgerecht sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2007 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite könne es einen eindeutigen Gesetzestext rechtstechnisch nicht geben. Würde man die Auslegungsfähigkeit der Vorschrift verneinen, wäre sie vor dem Hintergrund des Art 3 Grundgesetz ver...

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