Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Berücksichtigung von Vermögen. Schmerzensgeldzahlung. besondere Härte
Orientierungssatz
Ein aus Schmerzensgeldzahlungen stammendes Vermögen ist gem § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB 2 auch im Hinblick auf den Schutzgedanken des § 11 Abs 3 Nr 2 SGB 2 nicht zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 30. November 2005 und des Bescheides vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2005 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld II (Alg II) - streitig.
Der 1970 geborene Kläger, der vom 01.09.1988 bis 30.08.1991 eine Lehre als Bauzeichner absolvierte, bezog nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) I ab 02.10.1997 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Nachdem die Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 18.02.1999, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 23.08.1999, die Bewilligung der Alhi ab 02.10.1997 mit der Begründung aufgehoben hatte, der Kläger verfüge über ein Vermögen von 155.040,05 DM und sei deshalb nicht bedürftig, machte der Kläger im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Landshut - S 6 AL 346/99 - geltend, das Vermögen stamme überwiegend aus einer Schmerzensgeldzahlung der Versicherung des Verursachers eines am 15.05.1985 erlittenen Verkehrsunfalls. Nachdem der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2001 darauf hingewiesen hatte, dass das von der Sparkasse bestätigte Sparkonto von 103.148,56 DM nach den vorgelegten Unterlagen aus der Schmerzensgeldzahlung resultiere und deshalb von dem restlichen Vermögen von 51.098,00 DM nach Abzug des Freibetrages ein Betrag von 43.890,00 DM zu berücksichtigen sei, schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach die Bewilligung der Alhi nur für die Zeit vom 02.10.1997 bis 16.09.1998 zurückgenommen werde und es im Übrigen bei der zunächst bis 31.12.1998 erfolgten Leistungsbewilligung bleibe. Dem Kläger wurde sodann am 01.01.1999 weiterhin Alhi, die er bis 31.12.2004 bezog, bewilligt.
Am 23.11.2004 beantragte der Kläger die Bewilligung von Alg II. Er legte Unterlagen über Geldanlagekonten in Höhe von insgesamt 29.783,47 EUR vor. Daneben verfügte er über eine Lebensversicherung, in die er bei einem Rückkaufwert von 9.104,00 EUR 12.449,10 EUR eingezahlt hatte und über eine weitere Lebensversicherung, in die bei einem Rückkaufwert von 951,30 EUR 1.661,40 EUR einbezahlt waren.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 02.12.2004 eine Leistungsgewährung mit der Begründung ab, der Kläger verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 29.783,47 EUR; unter Berücksichtigung des Freibetrages von 6.800,00 EUR verblieben anzurechnende 22.983,47 EUR. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2005 als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgebracht, das vorhandene Vermögen sei - ebenso, wie bezogen auf die bis 31.12.2004 erhaltene Alhi - anrechnungsfrei, da es aus der Schmerzensgeldzahlung aufgrund des unverschuldet erlittenen Verkehrsunfalls stamme.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Das vorhandene Vermögen sei bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen. Eine ausnahmsweise Nichtberücksichtigung des Vermögens, das nach seinen Angaben des Klägers aus einer Schmerzensgeldzahlung für einen erlittenen, unverschuldeten Verkehrsunfall stamme, komme nicht in Betracht. Die Ausschlussvorschriften gemäß § 12 Abs.3 SGB II und § 4 Alg-II-V seien abschließend, Schmerzensgeldzahlungen seien in diesem Katalog nicht aufgeführt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, der auf § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II verweist und in der Berücksichtigung des Vermögens einen Verstoß gegen Grundrechte sieht. Er habe das zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem SG am 22.11.2001 vorhanden gewesene Vermögen von 51.890,00 DM, das von der Anrechnung auf die Alhi nicht ausgenommen gewesen sei, bis Ende 2004 verbraucht. Das am 01.01.2005 noch vorhandene Vermögen stamme aus der Zahlung der Versicherung, weiteres Einkommen oder sonstigen Vermögenszufluss habe er in der Folge nicht gehabt. Mittlerweile sei das Vermögen fast vollständig aufgebraucht. Bei dem Verkehrsunfall, bei dem er von einem Auto auf seinem Mofa angefahren worden sei, sei allenfalls ein Sachschaden von 1.000,00 DM entstanden und entschädigt worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2005 und unter Aufheb...