hier: Beginn der Frist; Anwendbarkeit des § 111 Satz 2 SGB X; Anmeldung von Berufskrankheiten

Ausgangslage:

Gemäß § 111 Satz 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine [richtig: dessen] Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat (§ 111 Satz 2 SGB X in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, geändert durch das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21. Dezember 2000, BGBl I 1983).

In der Vergangenheit stellte sich wiederholt die Frage der Anwendbarkeit des § 111 Satz 2 SGB X bei Erstattungsansprüchen zwischen der Kranken- und Unfallversicherung. Mit dieser Thematik haben sich die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger bereits mehrfach befasst, zuletzt, anlässlich der BSG-Entscheidung vom 16. März 2010 - B 2 U 4/09 -, in der Besprechung der Bundesverbände der Krankenkassen mit den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger am 2. September 2010. Die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene vertraten die Auffassung, dass eine Anwendung des § 111 Satz 2 SGB X bei Erstattungsansprüchen des Krankenversicherungsträgers gegenüber dem Unfallversicherungsträger immer dann möglich ist, wenn der Unfallversicherungsträger gegenüber dem Versicherten aufgrund eines bestehenden höheren Leistungsanspruchs (teilweise) noch Leistungen zu gewähren hat. Die Spitzenverbände der Unfallversicherung teilten diese Rechtsauffassung nicht.

Sachstand:

Nachdem die Erörterung der Thematik bei der Besprechung der Verbände der Krankenkassen mit den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger am 2. September 2010 zunächst zu dem Ergebnis geführt hatte, dass eine Verwaltungsvereinbarung zur Anwendung des § 111 SGB X zwischen den beteiligten Verbänden anzustreben sei, teilte die DGUV dem GKV-Spitzenverband mit E-Mail vom 9. Juni 2011 mit, dass die BSG-Rechtsprechung aus Sicht der Unfallversicherungsträger keinen Raum für eine solche Vereinbarung lasse.

Folgende Problematik ergibt sich nun aus Sicht der Krankenkassen:

  1. Die Berufsgenossenschaften (BGen) lehnen nun aufgrund der BSG-Entscheidung vom 16. März 2010 nicht nur sämtliche Erstattungsbegehren der Krankenkassen, welche Leistungen betreffen, die länger als 12 Monate zurückliegen, kategorisch ab, sondern verlangen in vielen bereits durchgeführten Erstattungsfällen Rückerstattung nach § 112 SGB X.
  2. Um der Verfristung der Erstattungsansprüche entgegenzuwirken, bleibt den Krankenkassen aufgrund der engen Auslegung des § 111 Satz 2 SGB X nichts anderes übrig, als bei jedem Verdacht auf das Vorliegen einer BK umgehend mögliche Erstattungsansprüche geltend zu machen. Ein Abwarten auf die Entscheidung der Unfallversicherung, ob eine BK vorliegt, wäre geradezu fahrlässig. Dass sich durch dieses Vorgehen zwangsläufig die Anzeigen von BKen und damit auch die Erstattungsaufforderungen gegenüber den Berufsgenossenschaften häufen werden, liegt aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene auf der Hand.

    Die DGUV hat gegenüber dem GKV-Spitzenverband bereits darauf hingewiesen, dass sich in letzter Zeit Anzeigen von Krankenkassen häuften, welche Feststellungsverfahren seitens der Unfallversicherungsträger in nicht geeigneten Fällen zur Folge hätten. Dies wiederum führe zu einem unnötig hohen Verwaltungsaufwand und statistisch zu einer Absenkung der Anerkennungsquote.

Besprechungsergebnis:

Die Verbände der Unfallversicherungsträger bestätigen nochmals, dass die in der Besprechung vom 2.09.2010 avisierte Verwaltungsvereinbarung zur Anwendung des § 111 SGB X zwischen den beteiligten Verbänden der Krankenkassen und Unfallversicherungsträger (s. TOP 4 der Niederschrift) nicht abgeschlossen wird. Daher kommt es zur Ablehnung von Erstattungsansprüchen bzw. zu Rückforderungen nach § 112 SGB X.

An den Regelungen der Protokollnotiz zu den Verwaltungsvereinbarungen zwischen den damaligen Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger ab 01.01.2006 – Punkt 2 und 3 – wird jedoch festgehalten. Die Protokollnotiz ist der Niederschrift als Anlage beigefügt.

Es wird sich darauf verständigt, dass die DGUV und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung die Unfallversicherungsträger auf die Ziffer 4.3 des "Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherungsträger vom 30.11.1990 zum Inkrafttreten des § 11 Abs. 4 [jetzt Abs. 5] SGB V am 1.01.1991" hinweisen werden. Diese lautet wie folgt:

"4.3 Bei Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung einer Berufskrankheit unterrichtet der Unfallversicherungsträger unaufgefordert die Krankenkasse. Damit hat die Krankenkasse Gelegenheit, einen eventuellen Erstattungsan...

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