AU ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch die BSG-Rechtsprechung fortlaufend weiterentwickelt wurde: AU von Beschäftigten liegt vor, wenn die oder der Versicherte auf Grund von Krankheit ihre oder seine zuletzt vor der AU ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann (BSG-Urteil vom 30.05.1967, AZ.: 3 RK 15/65, § 2 Abs. 1 AU-Richtlinie). Als wesentliches Kennzeichen der AU gilt, dass sie ein Ergebnis aus krankheitsbedingter Leistungsminderung und Anforderung des Arbeitsplatzes ist.
AU liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine AU bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die AU unmittelbar hervorrufen.
Bedeutsam für die Feststellung und Bescheinigung von AU sind nur die Erkrankungen und deren Auswirkungen, die aktuell die Versicherte oder den Versicherten an der Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung hindern. Symptome und Begleiterkrankungen, die die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen, sind nicht Gegenstand der Beurteilung.
Endet das Beschäftigungsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und wurde aktuell kein anerkannter Ausbildungsberuf ausgeübt (An- oder Ungelernte), besteht Arbeitsunfähigkeit nur dann, wenn die letzte oder eine ähnliche Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausgeübt werden kann. Für beschäftigungslose Versicherte mit einem anerkannten Ausbildungsberuf gelten die Grundsätze in Kapitel 2.3.3.
Bei Arbeitslosen nach dem SGB III liegt AU vor, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, leichte Arbeiten in dem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt haben. (BSG-Urteil vom 07.12.2004, AZ.: B 1 KR 5/03 R bzw. BSG-Urteil vom 04.04.2006, AZ.: B 1 KR 21/05 R, § 2 Abs. 3 AU-Richtlinie). Bezugspunkte für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist demnach irgendeine Tätigkeit sowie der zeitliche Vermittlungsumfang, für den sich die oder der Versicherte zur Verfügung gestellt hat.
Bei arbeitslosen Schwangeren, die aus schwangerschaftsbedingten Gründen ein eingeschränktes Leistungsvermögen aufweisen, bestehen besondere Regelungen. Sind sie nicht in der Lage, ohne Gefährdung für sich oder das ungeborene Kind leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben, gelten sie als arbeitsunfähig (BSG-Urteile vom 30.11.2011 – B 11 AL 37/10 – und – B 11 AL 7/11 –sowie vom 22.02.2012 – B 11 AL 26/10 R).
Kann eine mindestens 15-stündige Tätigkeit trotz Vorliegens eines individuellen Beschäftigungsverbots nach MuSchG ausgeübt werden, besteht Verfüg- bzw. Vermittelbarkeit über die Agentur für Arbeit.
Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II liegt AU vor, wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen (§ 2 Abs. 3a AU-Richtlinie).
Arbeitsunfähig sind gesetzlich und nicht gesetzlich krankenversicherte Personen aufgrund einer im Rahmen des Transplantationsgesetzes erfolgten Spende von Organen oder Geweben oder im Rahmen des Transfusionsgesetzes erfolgten Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen.
Der Begriff AU ist zu unterscheiden vom rentenrechtlichen Begriff der vollen/teilweisen Erwerbsminderung (bis 2001 Erwerbsunfähigkeit) und vom beamtenrechtlichen Begriff der Dienstunfähigkeit.